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Doppelmoral und unterdrückte Meinungsfreiheit: ‚Samma‘, geht’s noch?

von Matthias Rudolph
3 min.
Matthias Sammer offenbart eigentümliche Ansichten @Maxppp

Die Rückrunde hat noch gar nicht begonnen, da hat sich Matthias Sammer schon mächtig ins Abseits galoppiert. Der Sportvorstand beweist nicht nur in Sachen Doppelmoral ungeahnte Qualitäten, sondern tritt auch Grundfeste wie Meinungsfreiheit und Demokratie mit Füßen.

Vergangenes Jahr hatte man sich beim FC Bayern mächtig aufgeregt, als sich Franck Ribéry trotz des Triple-Siegs bei der Wahl zum Weltfußballer mit Platz drei begnügen musste. Das gleiche Schicksal ereilte am Montag dann auch Weltmeister Manuel Neuer. In München fühlte man sich abermals verschaukelt. Grund für die Ungerechtigkeit, so die einhellige Meinung, sei allen voran der Wahl-Modus, der beispielsweise Weltmeister-Trainer Joachim Löw die gleiche Anzahl an Stimmen überträgt wie seinem doch etwas unbekannteren (und damit unwissenderen?) Amtskollegen Diabaté Oumarou Saidou, seines Zeichens Nationaltrainer des westafrikanischen Republik Niger.

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Ob nun Ronaldo oder Neuer den Titel mehr verdient hatte, darüber lässt sich vortrefflich streiten. Keine zwei Meinungen sollte es aber geben, wenn es darum geht, wem man seine Stimmen gibt. Denn wie heißt es im Sport so schön: Der Bessere möge gewinnen. Dass dies bei der Vergabe des Ballon d'Or kaum möglich ist, liegt weniger am Wahl-Modus, der zugegeben durchaus diskutabel ist, da die Spiele der Bundesliga in vielen Ländern doch deutlich weniger beachtet werden als die aus Spanien oder England. Doch der Hase liegt woanders im Pfeffer.

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Wir werden schon irgendwann auch die Weltfußballerwahl gewinnen“, schaute Matthias Sammer schon kurz nach der Wahl nach vorne. Als wenig später die Liste veröffentlicht wurde, wer wen gewählt hatte, registrierte der Sportvorstand des FC Bayern dann aber doch mit Kopfschütteln, dass Robert Lewandowski Teamkollege Neuer nur drei Stimmen gegeben hatte, Konkurrent Ronaldo aber fünf. Für Sammer war der Fall klar. Lewandowski sei „unüberlegt“, und „kopflos“ gewesen. Doch Sammer erteilte dem angeblich einsichtigen Polen seine Absolution: „Wir haben darüber gesprochen, er hat es ja auch öffentlich schon korrigiert, dass er Manuel als Nummer eins sieht. Dementsprechend ist das auch okay.“ Wie Bitte?

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Eigene Meinung unerwünscht

Lewandowski selbst sieht das ein klein wenig anders und beharrt auf seiner Meinung. „Ich bin mir bewusst, wen ich gewählt habe. Und dafür werde ich mich nicht entschuldigen“, verkündet der Torjäger via ‚Twitter‘. Zurecht, denn wenn jemand in der Angelegenheit „kopflos“ ist, dann ist es Sammer. Auf der einen Seite beschweren sich die Bayern, dass die Wahl nicht fair sei. Gleichzeitig macht man aber deutlich – und das auch noch öffentlich – dass die Spieler doch bitteschön ihren Teamkollegen auf Platz eins wählen sollen. Unabhängig von der eigenen Meinung.

In Zeiten von Korruptionsvorwürfen noch und nöcher gegen den Fußballweltverband FIFA sowie Massen-Demonstrationen für Meinungsfreiheit und Demokratie ein heftiges Eigentor, das sich der Sportvorstand der Bayern da geschossen hat. Ganz zu schweigen von der unschönen Entwicklung, dass Fußball-Profis mit ihrer eigenen Meinung ohnehin lieber hinter dem Berg halten aus Angst vor negativen Schlagzeilen. Typen wie Stefan Effenberg oder Oliver Kahn sucht man vielerorts vergebens. Eine Wohltat ist da Lewandowski, dem ein dickes Lob gebührt, dass er trotz der Kritik von Seiten Sammers nicht eingeknickt ist.

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FIFA-Transparenz an der falschen Stelle?

Vielmehr sollte sich Sammer darüber aufregen, dass Ronaldo mit Sergio Ramos. Gareth Bale und Karim Benzema ausschließlich Vereinskameraden seine Stimmen gegeben hat. Von einer sinnvollen und fairen Wahl kann in Anbetracht dessen keine Rede sein. Problem: Die FIFA will durch die Veröffentlichung der Wahlliste für die Transparenz sorgen, die sie an anderer Stelle vermissen lässt. Weil die Abstimmung aber nicht geheim ist, fühlt sich manch einer genötigt, Vetternwirtschaft zu betreiben. Die Ehrlichkeit bleibt auf der Strecke – engstirnigen Vereinsvertretern wie in diesem Fall beispielsweise Sammer sei Dank.

Da ist es dann auch egal, ob der Nationaltrainer des Niger gleiche viele Stimmen hat wie ein prominenterer Kollege. Im Übrigen gab Diabaté Oumarou Saidou dem dem Drittplatzierten Neuer fünf Stimmen, Bastian Schweinsteiger drei und Yaya Touré eine. Eine erfrischende Wahl im Gegensatz zu der von Weltfußballer Ronaldo.

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