Hannovers Personalpolitik: Freier Fall in Liga zwei

von Lukas Hörster
4 min.
Grübeln über Verstärkungen : Martin Bader (l.) und Martin Kind (r.) @Maxppp

Bereits im Sommer langte Hannover 96 mit seinen Neuzugängen kräftig daneben. Als schon zur Winterpause nun der Abstieg drohte, sorgte die neue Sportliche Führung für einen personellen Rundumschlag, der bereits jetzt wieder im Sande zu verlaufen droht. FussballTransfers geht auf Ursachenforschung.

Hannover 96 taumelt unaufhaltsam dem ersten Bundesliga-Abschied seit 1989 entgegen. Mit nur 14 Punkten liegt man bereits sieben Zähler hinter dem rettenden Rang 15. Die neue Sportliche Führung um Martin Bader und Andreas Möckel hat zudem ihre erste Herkulesaufgabe, das Team im Winter mit Spielern zu verstärken, die sofort weiterhelfen, meilenweit verfehlt. Auch der neue Trainer Thomas Schaaf wirkt nach vier Pleiten zum Auftakt ratlos. FussballTransfers gibt einen Überblick über die Horrorsaison der Niedersachsen.

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Juli bis September: Nach der geglückten Mission Klassenerhalt bittet Trainer Michael Frontzeck zum Aufgalopp in die neue Spielzeit. In Lars Stindl hat der beste Feldspieler und Kapitän das Team verlassen. Das neue Personal liest sich erst einmal vielversprechend. Insbesondere in die ehemaligen Juniorennationalspieler Felix Klaus und Oliver Sorg, die beide aus Freiburg kamen, sowie in den in Frankreich stets souverän knipsenden Mevlüt Erdinc setzt Sportdirektor Dirk Dufner seine Hoffnung. Die weiteren Neuen hören auf die Namen Uffe Bech, Charlison Benschop, Allan Saint-Maximin und Philipp Tschauner
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Bereits in der Vorbereitung läuft bei den ‚Roten‘ wenig zusammen. Kritik an Dufners Personalplanung wird laut und so sieht sich der Manager Anfang August gezwungen, seinen Rücktritt zum Ende des Transferfensters anzukündigen. Der Bundesligaauftakt verläuft entsprechend katastrophal. Nur ein Punkt aus den ersten sechs Spielen lässt das Team seit Saisonbeginn im Tabellenkeller festsitzen.

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Oktober bis Dezember: Nachdem Präsident Martin Kind in Martin Bader einen Nachfolger für den mittlerweile geschiedenen Dufner präsentierte, brachte der mit Andreas Möckel gleich seinen alten Weggefährten aus Nürnberger Zeiten mit. Das neuen Führungsduo landete mitten im Abstiegskampf. Zwar ließen glückliche Siege wie gegen Werder Bremen oder den 1. FC Köln (jeweils 1:0) die Fans immer wieder durchatmen, besser als Platz 14 stand man jedoch letztmals nach dem zweiten Spieltag dar.

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Dufners Sommerneuzugänge spielten zu diesem Zeitpunkt längst keine Rolle mehr. Besonders Königstransfer Erdinc enttäuschte auf ganzer Linie und blieb in sämtlichen Einsätzen torlos. Einen festen Stammplatz konnte sich kein Einziger der Neuen ergattern. Nach der 0:1-Pleite im Heimspiel gegen den FC Bayern am 17. Spieltag – verbunden mit dem Abrutschen auf Tabellenplatz 17 – nahm Frontzeck schließlich seinen Hut und machte Platz für Thomas Schaaf, den Wunschtrainer von Kind und Bader.

Januar und Februar: Der Wintertransfer-Monat stand bei Hannover 96 ganz im Zeichen der Kaderaufhübschung. Flop-Einkauf Erdinc konnte man abgeben. Ebenso verließ die jahrelange Abwehsäule Marcelo den Verein überraschend Richtung Besiktas. Von dort kam mit Alexander Milosevic auch sein unmittelbarer Nachfolger.

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Für den Angriff verstärkte man sich mit Ádám Szalai und Hugo Almeida besonders prominent. Die Sturmkanten sind dem etablierten Arthur Sobiech jedoch durchaus ähnlich. Das Mittelfeld wurde mit Iver Fossum und Marius Wolf merklich verjüngt. Hotaru Yamaguchi ist noch keine Alternative.

Doch trotz der über fünf Millionen Euro teuren Neuzugänge bleibt auch unter Schaaf der Erfolg aus. Die ersten vier Spiele unter seiner Regie gingen allesamt verloren. Darunter waren Heimspiele gegen Darmstadt 98 und Mainz 05, die im Abstiegskampf nicht mit null Zählern beendet werden sollten. Die Führung um Bader und Möckel muss sich Fragen gefallen lassen, ob ihr kurzfristiges Krisenmangement nicht jeglichem Fundament entbehrte.

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Spieler, die noch von Dufner verpflichtet wurden, unter Frontzeck regelmäßig spielten und nun unter Schaaf von neuen Leuten verdrängt werden, die ihre Klasse in keinster Weise nachweisen können, verlieren verständlicherweise das Vertrauen in den neuen Coach.

Alte Meriten vermiesen die Stimmung

Bestes Beispiel dafür ist Almeida, mit dem der Coach bereits bei Werder Bremen zusammenarbeitete. Obwohl der Portugiese sein letztes Spiel für Anzhi Machatschkala bereits Anfang November bestritt, setzte Schaaf ihn an den ersten drei Rückrundenspieltagen über 90 Minuten ein. Sein Tor gegen Darmstadt beweist zwar, dass der 31-Jährige noch immer ein belebendes Element sein kann. Doch insbesondere seine körperliche Verfassung lässt derart zu wünschen übrig, dass solch lange Einsätze eigentlich kaum zu rechtfertigen sind.

Zu Gute halten muss man den Niedersachsen jedoch, dass es andere Spieler waren, um die man sich sowohl im Sommer, als auch nun im Winter ursprünglich bemüht hatte. Namen wie Yunus Malli, Martin Harnik, Stefan Kießling oder Alessandro Schöpf standen auf Dufners und auch Baders Liste. Letztendlich muss sich der derzeitige Amtsinhaber aber eingestehen: „Im dritten Jahr ist Hannover nun in den Abstiegskampf verwickelt. Das macht uns in der Branche nicht so attraktiv.“ Eine weise Einsicht.

Großer Umbruch: Chance und Pflicht zugleich

Derzeit sieht es nach dem freien Fall in Liga zwei für Hannover 96 aus. Dann wird es noch einmal schwieriger, solch prominente Namen wie die oben genannten an Land zu ziehen. Darin bestünde jedoch auch die Chance, die Mannschaft mit jungen, hungrigen Spielern zu verstärken. Ein langfristig gedachter Umbruch ist nach dem Bäumchen-wechsel-dich-Spielen nun dringend angebracht.

Viele der langjährigen Leistungsträger dürften zudem bei einem Abstieg nicht zu halten sein. Der ‚kicker‘ nennt dafür exemplarisch Manuel Schmiedebach, André Hoffmann und Salif Sané. Urgestein Schmiedebach besitzt keinen für das Unterhaus gültigen Vertrag und könnte den Verein ablösefrei verlassen. Hoffmann dürfte in diesem Fall für günstige zwei Millionen Euro gehen, Sané wäre aufgrund seines hohen Gehalts nicht zu halten. Die Möglichkeit zum ganz großen personellen Einschnitt ist also gegeben.

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