Machtkampf in Amsterdam: Ajax-Führung in der Krise

Der Umgangston im Vorstand von Ajax Amsterdam wird rauer. In der vergangenen Woche beschlossen die Aufsichtsratsmitglieder um Edgar Davids und Steven ten Have heimlich, dass Louis van Gaal neuer Direktor beim niederländischen Rekordmeister werden soll – ein Affront gegen Johan Cruyff. ‚Europas Fußballer des Jahrhunderts‘ sitzt ebenfalls im Ajax-Vorstand, wurde jedoch erst so spät über die Sitzung zu diesem Thema informiert, dass er nicht teilnehmen konnte. Cruyffs Favorit für den Posten war Marco van Basten.

„Ich habe zuerst an einen Scherz gedacht. Aber das war es nicht. Mit ihrer Aktion haben sie Ajax in Brand gesteckt. Das war unter der Gürtellinie“, wetterte der 64-jährige Cruyff beim niederländischen TV-Sender ‚NOS‘ gegen seine Kollegen. Eine weitere Zusammenarbeit, auch mit seinem Erzrivalen van Gaal, schloss er aus, legte sein Amt jedoch nicht nieder.

Nach den verbalen Angriffen meldete sich Edgar Davids, ehemaliger Weltklasse-Mittelfeldspieler, ebenfalls gegenüber ‚NOS‘ zu Wort. Er erhob schwere Vorwürfe gegen Cruyff. „Du sitzt hier nur, weil du schwarz bist“, soll die Ajax-Legende in einer Sitzung gesagt haben. Diese dementiert solche Äußerungen zwar, und auch Davids ruderte zurück. Doch Cruyffs Image ist angekratzt – zumal Aufsichtsratschef ten Have bekanntgab, dass eine Tonbandaufzeichnung der entsprechenden Zusammenkunft existiert.

Unterstützung erhält der ehemalige Trainer des FC Barcelona indes von anderen Arbeitskollegen. Die Verantwortlichen aus dem sportlichen Bereich, darunter die Trainer Frank de Boer und Dennis Bergkamp sowie Wim Jonk, sicherten Cruyff zuletzt ihre volle Unterstützung zu. Die restlichen Mitglieder des Aufsichtsrats um den Interims-Klubpräsidenten Uri Coronel kündigten für den gestrigen Montag ihren Rücktritt an.

Wie es beim Tabellenvierten der Eredivisie weitergeht und wer Ajax in Zukunft führen wird, ist noch unklar. Fest steht jedoch, dass einer den Verein verlassen wird: entweder Cruyff oder van Gaal, der seinen Dienst frühestens zum Jahresende antreten soll. Allerdings kann nur der Mitgliederrat des Klubs den Amtsantritt des ehemaligen Bayern-Trainers noch verhindern. Die Chancen für Cruyff stehen nicht gut – es wird sich zeigen, wie viel Macht er noch besitzt.