Venlos Sportdirektor im FT-Interview: „Der Blick geht nach Deutschland“

von Steffen Röck - Quelle: FT-Exklusiv
5 min.
Stan Valckx steht FT Rede und Antwort @Maxppp

Der VVV-Venlo hat seine Heimstätte nur wenige hundert Meter von der niederländisch-deutschen Grenze entfernt. Nach dem Wiederaufstieg in die erste Liga glückte dem Verein mit kleinem Budget ein respektabler Saisonstart. Die Verpflichtungen deutscher Profis spielen dabei eine wichtige Rolle, wie der ehemalige Nationalspieler der Niederlande und heutige Sportdirektor, Stan Valckx, im FT-Interview preisgibt.

Herr Valckx, Sie haben mit Lars Unnerstall, Lennart Thy, Etienne Amenyido und Nils Röseler vier deutsche Profis unter Vertrag. Welchen Eindruck haben Sie von den Spielern, die teilweise ja auch schon in der ersten Bundesliga eingesetzt wurden?

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Stan Valckx: Wir sind sehr zufrieden mit allen Jungs. Da gibt’s natürlich die Spieler mit etwas mehr Erfahrung wie Lars Unnerstall und Lennart Thy. Die haben ja auch schon regelmäßig in der zweiten Bundesliga gespielt. Nils Röseler war schon einmal bei VVV, den kennen wir sehr gut. Venlo liegt im Grenzgebiet zu Deutschland. Natürlich versuchen wir, jedes Jahr gute Spieler zu finden. Neben den fußballerischen Qualitäten achten wir besonders auf die charakterlichen Eigenschaften. Die Mentalität ist uns sehr wichtig. Da wissen wir, dass das bei den deutschen Spielern immer zu 200 Prozent passt. Ich habe selbst als Profi deutsche Mitspieler gehabt (u.a. Torhüter Georg Koch beim PSV Eindhoven, Anm. d. Red.). Und gerade in Venlo waren deutsche Akteure immer populär. Sie haben Qualität und arbeiten, aber sie meckern nicht. Das passt zu dem Verein. Ich besuche deshalb viele Spiele in Deutschland.

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Vereine mit mehr Budget werden es einfacher haben, gute Spieler von einem Wechsel in die Niederlande zu überzeugen. Müssen Sie als Vertreter des weniger finanzkräftigen VVV Venlo im Bereich der Transfers kreativer sein und schauen Sie deshalb häufig über die eigenen Landesgrenzen hinaus?

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Valckx: Ja, normalerweise können wir Spieler wie Unnerstall und Thy nicht holen, weil wir sie nicht bezahlen können. Deswegen investieren wir in diesen Bereich viel Hintergrundarbeit. Wir sprechen viel mit den Spielern. Manchen geht es nicht nur ums Geld. Sie stecken da ein Jahr zurück, um im Anschluss einen Schritt nach vorne zu machen. Wenn uns zum Beispiel Bremen bei der Personalie Lennart Thy nicht finanziell helfen würde, könnte er nicht für uns spielen. Zum einen müssen die Spieler an unseren Plan mit ihnen glauben und zum anderen brauchen wir die Hilfe der Vereine wie Bremen und bei Etienne Amenyido von Dortmund. Auch die Berater der Jungs sind da wichtig.

Sie sprachen von weiteren Spielbeobachtungen. Hat das Modell, deutsche Spieler zu verpflichten, in Venlo Zukunft?

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Valckx: Ja, unbedingt. Das Modell hat sicher Zukunft. Wir werden nicht mit zehn deutschen Spieler auflaufen, aber es geht darum, in jedem Jahr zwei, maximal drei gute Akteure zu finden. Natürlich schauen wir zuerst in Holland. Wenn wir dort nichts Passendes finden, geht der Blick nach Deutschland. Von Venlo erreicht man mit dem Auto innerhalb einer Stunde dreißig deutsche Vereine.

Sehen Sie in diesem Einzugsgebiet das größte Potenzial, um passende Spieler zu verpflichten?

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Valckx: Ja, da man kann viele Spieler aus der ersten und zweiten Bundesliga problemlos scouten. Vor allem die zweite Bundesliga ist da für uns äußerst interessant.

Stürmer Lennart Thy hat sich als Stammkraft etabliert, er ist bis zum Saisonende von Werder Bremen ausgeliehen. Hat sich der Verein schon Gedanken über das weitere Vorgehen gemacht und mit Bremen oder dem Spieler darüber gesprochen?

Valckx: Wir haben ihn zunächst für ein Jahr bei uns. Doch wir haben jetzt erst Dezember. Da ist es zu früh zu sagen, ob er sogar darüber hinaus bleiben wird. Aber wir sind sehr zufrieden mit Lennart. Ich kann sagen, dass wir ihn auch über die Saison hinaus bei uns begrüßen würden.

Bei Etienne Amenyido, der vom BVB ausgeliehen ist, wird die Einschätzung nicht so eindeutig ausfallen.

Valckx: Generell sind wir mit allen Spielern zufrieden, aber es kann sein, dass Etienne Amenyido vielleicht nicht so zufrieden ist. Er bekommt momentan wenig Spielpraxis. Das kann dann auch mal passieren. Er ist mit 19 Jahren noch ein junger Spieler.

Ist der Grund für die wenige Spielzeit die Anpassung an die erste niederländische Liga? War Amenyido als Perspektivspieler geplant?

Valckx: Wir spielen meistens in einem 4-3-3-System mit einem Stürmer. Wir haben Lennart Thy, der unumstritten bei uns ist. Da ist es nicht so einfach für einen jungen Stürmer. Aber letztes Jahr spielte Etienne auch noch für die U19 von Borussia Dortmund. Da ist es auch ein großer Schritt vom Jugendbereich in die Eredivisie. Zwar ist das Niveau in Holland und Deutschland verschieden, aber körperlich hat er keine Probleme.

Hat Amenyido denn, trotz seiner kämpferischen Mentalität, aufgrund fehlender Praxis schon Signale gesendet? Möchte er früher als geplant nach Deutschland zurückkehren?

Valckx: Nein, das hat er noch nicht gemacht. Das könnte aber noch kommen. Aber wichtig ist, dass junge Talente Spielzeit bekommen. Das geht jedoch nicht immer. Bei ihm müssen wir gucken, wie es sich entwickelt.

Kommen wir auf die Scotingtätigkeiten des VVV Venlo in Deutschland zurück. Gibt es Vereine aus dem Ruhrgebiet oder dem Rheinland, bei denen Sie häufiger zu Gast sind?

Valckx: Um das einzuordnen: Wir haben keinen hauptamtlichen Scout. Ich führe die Spielerbeobachtungen durch und werde zudem durch ehrenamtliche Helfer unterstützt. Da kann ich nicht jeden Samstag nach Kiel oder Dresden fahren. Deshalb bin ich meistens in den Stadien von Bochum, Düsseldorf oder Duisburg unterwegs. Das ist alles nur eine halbe oder Dreiviertelstunde entfernt. Wir spielen ja selbst auch an jedem Wochenende.

Haben Sie in dieser Spielzeit schon Spieler beobachtet, die in ihren Vereinen momentan vielleicht nicht wie gewünscht zum Zuge kommen und in Ihr Anforderungsprofil passen?

Valckx: Ich habe schon mehrere Spieler auf dem Zettel, die für das nächste Jahr infrage kommen können. Die könnten etwas für uns sein. Wir werden die Jungs weiter beobachten.

Die generelle Stimmung beim VVV Venlo dürfte gut sein. Als Aufsteiger läuft es zufriedenstellend. Man hat sich in der Liga zurechtgefunden.

Valckx: Ja, jeder hat vor der Saison gesagt, dass Venlo Abstiegskandidat Nummer eins ist. Unser Ziel ist es aber, in der Eredivisie zu bleiben. Bis jetzt läuft es dahingehend sehr gut. Aber wir sollten auf der Hut bleiben. Es kann sich schnell ändern. Wir traten als Einheit auf. Die Jungs und der Trainer machen es gut. Wir haben Vertrauen, dass wir den Klassenerhalt schaffen werden.

Dafür drücken wir Ihnen und dem Verein die Daumen. Vielen Dank für das Gespräch.

Valckx: Ich bedanke mich ebenfalls.

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