Konstanz ist der wichtigste Neuzugang: Die Transferpolitik von Bayer Leverkusen

von Tristan Bernert
4 min.
Gehen optimistisch in die neue Saison: Roger Schmidt und Rudi Völler @Maxppp

So etwas gab es schon lange nicht mehr: Mit Pál Dárdai und Viktor Skripnik tippten gleich zwei Bundesligatrainer, dass Bayer Leverkusen in der neuen Saison Meister wird. Im Vergleich zur Konkurrenz aus München und Dortmund hat die Werkself nämlich eines geschafft: Sie hat Konstanz in die Mannschaft bekommen.

Irgendwie ist es paradox: Da verliert man mit Christoph Kramer einen Weltmeister für 15 Millionen Euro und dennoch sagt man hinterher, dass kein Leistungsträger den Verein verlassen hat und man extrem zufrieden mit der Transferperiode ist. Wer so etwas tut, hat entweder jeden Sinn für die Realität verloren oder weiß, über was für Qualität die Mannschaft verfügt. Bei Bayer Leverkusen ist es wohl eher der zweite Fall.

Unter der Anzeige geht's weiter

Die Werkself hat tatsächlich etwas geschafft, das ihr in der Vereinsgeschichte bisher nur sehr selten gelang: Die Mannschaft zusammenzuhalten. Seit Ende der Ära Reiner Calmund und der damit verbundenen finanziellen Einschnitte sah die Transferpolitik des Vereins so aus, junge Spieler günstig zu verpflichten, zu Topspielern zu entwickeln und dann teuer weiterzuverkaufen, was wiederum den Kauf neuer Talente ermöglichte.

Lese-Tipp Bayerns Zusage an Stanisic

Ein neuer Ansatz

Schon im Sommer 2015 haben die Leverkusener dieses Prinzip zum Teil gekippt. Mit Heung-Min Son verloren sie zwar einen ihrer torgefährlichsten Spieler an Tottenham Hotspur, doch anstatt das Geld in junge entwicklungsfähige Spieler zu investierten, wählte man den Weg des sofortigen Erfolgs: Bayer kaufte mit Chicharito und Kevin Kampl zwei etablierte Profis, die sofort Leistung brachten.

Unter der Anzeige geht's weiter

In diesem Sommer ging man dann noch einen Schritt weiter. Obwohl es einige Anfragen gab, ließ man seine Leistungsträger nicht ziehen. Im Fall Ömer Toprak nahm man sogar in Kauf, den Innenverteidiger im nächsten Jahr für weniger Geld an Borussia Dortmund zu verlieren. Kramer ist hierbei ein Sonderfall. Zwar war der 25-Jährige im vergangenen Jahr Stammspieler, doch richtig überzeugen konnte er unterm Bayerkreuz nicht. Die Verantwortlichen der Werkself wussten, dass mit dem nun gesunden Charles Aránguiz ein gefühlter Neuzugang bereitsteht, der um ein Vielfaches besser ins Konzept von Trainer Roger Schmidt passt. Zudem bediente man sich beim FSV Mainz 05 und holte Julian Baumgartlinger für nur vier Millionen Euro – ein Spieler mit Stammplatzpotenzial, der den ohnehin schon extremen Konkurrenzkampf im Mittelfeld weiter anheizt.

Von den Champions League- und Kramer-Millionen holte die Sportliche Leitung lieber Spieler für Positionen, an denen der Schuh deutlich eher drückte. Für die Offensive kam Kevin Volland für die Rekordsumme von 20 Millionen Euro. Rückkehrer Danny da Costa soll hinten rechts Druck auf Tin Jedvaj und Roberto Hilbert ausüben, die beide in der Vorsaison auch verletzungsbedingt nicht dauerhaft überzeugen konnten.

Unter der Anzeige geht's weiter

Dragovic und der Hang zum Risiko

Und dann ist da Aleksandar Dragovic. Monatelang rang die Sportliche Leitung der Leverkusener mit Dynamo Kiew. Der Österreicher war die absolute Wunschlösung für die Innenverteidigung und war den Verantwortlichen 18 Millionen Euro wert. Dragovic ist zunächst als Innenverteidiger Nummer drei eingeplant und soll in einem Jahr Toprak ersetzen, wenn dieser seinen geplatzten Wechsel zum BVB höchstwahrscheinlich nachholt.

Das Vertrauen in Dragovic ist groß – so groß, dass es schon fast zum Risiko wird. Nachdem der 25-Jährige unters Bayerkreuz gelockt wurde, fing man in Leverkusen an, die Abwehr auszumisten. Mit André Ramalho und Kyriakos Papadopoulos verließen gleich zwei Innenverteidiger den Verein. Eine ungewöhnliche Entscheidung von Rudi Völler und Jonas Boldt, die zuvor immer wieder betonten wie wichtig ein breiter Kader sei, um eine lange Saison mit Dreifachbelastung zu überstehen. Einen bitteren Beigeschmack hat auch der Abgang von Levin Öztunali hinterlassen. Der hochveranlagte deutsche U-Nationalspieler wäre zunächst der perfekte Backup für Karim Bellarabi gewesen, um Schmidt in der Offensive noch mehr Optionen zu geben. Stattdessen ließ man den 20-Jährigen Richtung FSV Mainz 05 ziehen – ohne Rückkaufoption. Eine Entscheidung, die durchaus Fragen aufwirft.

Unter der Anzeige geht's weiter

Auch wenn der Abgang des Trios dem Kader der Werkself etwas die Breite nimmt, sind die Leverkusener dennoch gut gerüstet, um in dieser Saison erneut in die Champions League einzuziehen oder vielleicht sogar noch weiter oben anzugreifen. Die knappe 1:2-Auftaktniederlage gegen Borussia Mönchengladbach kann diesen Eindruck auch nicht schmälern. Denn Bayer hat genau den Kader, den es sich vor Saisonbeginn ausgemalt hat. Die Wunschspieler kamen und verkauft wurde nur, wer nicht gebraucht wurde. Und das obwohl man mit Christoph Kramer einen Weltmeister verlor.

Mögliche Aufstellung (gegen den HSV)

So sieht es aus:

beim VfL Wolfsburg: Vom Krösus zum Schnäppchenjäger: Gute Arbeit, Herr Allofs

bei Borussia Mönchengladbach: Die Borussia eilt der Konkurrenz voraus: Streber Eberl sei Dank

bei Schalke 04: Neuer Zusammenhalt auf Schalke: Zur Feuertaufe kommen die Bayern

beim 1. FC Köln: Ruhepol Schmadtke und das Projekt 2021

Unter der Anzeige geht's weiter

Nachrichten

Unter der Anzeige geht's weiter