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Mehr als ein Linksverteidiger: Der Galaauftritt von Raphaël Guerreiro

von Tobias Feldhoff
3 min.
Raphaël Guerreiro überzeugte gegen Legia Warschau @Maxppp

Als Linksverteidiger ist Raphaël Guerreiro zum BVB gekommen. Doch schon jetzt zeigt sich, dass der Europameister noch ganz andere Qualitäten mitbringt. FT hat seine Ausnahmeleistung aus der Partie gegen Legia Warschau (6:0) genauer unter die Lupe genommen.

Als im Frühjahr die ersten Gerüchte um das Interesse an Raphaël Guerreiro nach Deutschland schwappten, standen nicht wenigen BVB-Fans die Fragezeichen in den Augen. Wer ist dieser in Frankreich geborene Portugiese, der sich als Linksverteidiger in der Ligue 1 einen Namen gemacht hatte? Dynamik, Zweikampfstärke und Offensivdrang – die für einen defensiven Außenbahnspieler gängigen Attribute wurden auch Guerreiro schnell beigemessen.

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Doch der portugiesische Europameister kann weit mehr als schnell die Linie rauf und runter rennen. Das wusste Thomas Tuchel bereits lange vor der Verpflichtung Mitte Juni, für die die Borussia immerhin stolze zwölf Millionen Euro auf den Tisch legte. Bekommen haben die Dortmunder einen technisch höchstversierten Linksfuß, der flexibel einsetzbar ist und Spielmacherqualitäten mitbringt. Schon während der EM in seinem Geburtsland lief das – zugegebenermaßen recht phlegmatische – Aufbauspiel des späteren Titelträgers fast ausschließlich über Guerreiros linke Seite.

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Tuchel wagt das Experiment

Der Champions League-Auftakt gegen Legia Warschau am gestrigen Mittwoch sollte nun ein erstes wichtiges Indiz liefern, ob der Neuzugang auf internationalem Niveau eine Alternative als Regisseur darstellt. Und – so viel sei vorweggenommen – Tuchels Experiment glückte auf ganzer Linie. Gemeinsam mit Julian Weigl stellte der BVB-Coach den 22-Jährigen in die Mittelfeld-Zentrale. Wobei Weigl als klarer Sechser agierte und Guerreiro zwischen den beiden Verteidigungslinien der Polen seine Beweglichkeit ausspielen sollte.

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Vor allem in Hälfte eins fand Legia kein Mittel gegen diese taktische Maßnahme. Immer wieder überspielten Sokratis und Bartra mit gut getimten Flachpässen auf Guerreiro die polnische Mittelfeld-Kette. Besonders lobenswert ist hierbei die Übersicht des Dortmunders, der sehr oft den richtigen Moment abpasste, um sich aus dem Deckungsschatten herauszubewegen. Darüber hinaus besitzt Guerreiro die Fähigkeit, sich sehr schnell mit dem Ball am Fuß ins offene Feld zu drehen. Dies stellt er in Hälfte eins mehrfach unter Beweis. Exemplarisch dafür stehen Szenen in Minute 29 und 43, in denen er auf halblinker Position angespielt wird, das Spielgerät in einem Fluss mitnimmt und direkt auf Nebenmann Ousmane Dembélé weiterpasst. „Er hat unglaublich viel Qualität mit dem Ball und hat eine sehr gute Drehung. Er hat das sehr gut gemacht, das hat gut gepasst zwischen uns, wir hatten im Mittelfeld ein gutes Dreieck. Wir hoffen, dass er so weiterspielt“, lobte Teamkollege Weigl im Anschluss an die Partie.

Umschaltspiel und Standards top

Auch das dynamische Umschaltspiel aus der eigenen Hälfte beherrscht der Linksfuß exzellent. Beispielhaft sei an die Szene aus der ersten Hälfte erinnert, als Guerreiro im höchsten Tempo das halbe Spielfeld mit dem Ball am Fuß überbrückt, zwei Gegenspieler abhängt und 20 Meter vor dem Warschauer Kasten querlegt auf Mario Götze, der seinerseits hinauspasst auf Rechtsaußen Christian Pulisic. Dass aus der vielversprechenden Szene kein Treffer entspringt, ist auf die ungenaue Hereingabe des jungen US-Amerikaners zurückzuführen.

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Zu einem Tor führte hingegen Guerreiros Freistoßflanke vor dem 2:0 durch Sokratis. Maßgeschneidert landete die Hereingabe auf dem Kopf des Griechen, der nur noch einzunicken brauchte. Überhaupt ist bemerkenswert, wie viel Verantwortung die Dortmunder dem Youngster bei Standards bereits übertrugen – und das, obwohl beispielsweise auch Götze auf dem Platz stand.

Fazit: FT hat Guerreiro nicht umsonst in die Top-Elf des Spieltags berufen. Auf ungewohnter Position war sehr gut sichtbar, über welch außergewöhnliche fußballerische Qualität der kleine Techniker verfügt. Defensiv nicht gefordert, offensiv mit vielen Ideen und einer taktisch astreinen Leistung. Es wäre also keine Überraschung, wenn Tuchel häufiger auf diese Variante setzen würde – auch vor dem Hintergrund, dass Marcel Schmelzer als Leader und Platzhirsch auf der Linksverteidiger-Position kaum dauerhaft zu verdrängen ist. Vor Wochen feierten die BVB-Fans noch insbesondere die Verpflichtungen von Dembélé und Mor. Fußballerisch bewegt sich Guerreiro aber zumindest auf ähnlichem Niveau.

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