Schnauze oder Spitze: Der VfB Stuttgart geht All-In

von Matthias Rudolph
3 min.
Korkut und Reschke wollen hoch hinaus @Maxppp

Am vergangenen Montag brachte der VfB Stuttgart die Tastaturen in den Sportredaktionen und auch die eigene Kreditkarte zu glühen. Gleich fünf Neuzugänge mit einer großen Portion Potenzial wurden verkündet. Die Schwaben gehen damit einen neuen und mutigen Weg. Dieser birgt Chancen wie Risiken.

Auch wenn Stuttgart seit einigen Tagen im Dauerregen versinkt, über dem VfB lacht die Sonne. Nach einer punktemäßig überragenden Rückrunde winkt tatsächlich noch der Einzug in das internationale Geschäft. Sollte der FC Bayern am Samstag im Pokalfinale seine Hausaufgaben machen, kann der VfB nur zwei Jahre nach dem Abstieg wieder in die Europa League einziehen.

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In den zurückliegenden Monaten hat einfach alles gepasst. Trotz aller Kritik im Vorfeld entpuppte sich Tayfun Korkut als Heilsbringer. Der Coach, der das Amt von Hannes Wolf übernahm, änderte das System hin zum 4-2-2 und machte die Defensive damit zur Festung. Fortan spielte ein Benjamin Pavard in der Innenverteidigung am Limit, Mario Gómez und Daniel Ginczek begannen zu treffen und selbst ein Dennis Aogo lieferte im zentralen Mittelfeld ab.

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Für den Höhepunkt der glückseligen Rückserie sorgte zuletzt Michael Reschke, der auf einen Schlag die Verpflichtungen von Borna Sosa (20/Linksverteidiger), Pablo Maffeo (20/Rechtsverteidiger), Marc-Oliver Kempf (23/Innenverteidiger), David Kopacz (19/Mittelfeldspieler) und Roberto Massimo (17/Flügelstürmer) bekanntgab. Allesamt Toptalente, die auch bei etlichen anderen Vereinen auf der Wunschliste standen. Quasi mit dem letzten Spieltag schickt der VfB-Manager damit auch eine Kampfansage an die Bundesliga-Konkurrenz. Und er setzt sich und den ganzen Verein gehörig unter Druck.

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Das finanzielle Risiko steigt

Denn für lau kommen die Ausnahmetalente nicht nach Cannstatt. Laut ‚kicker‘ werden für Maffeo mehr als zehn Millionen Euro fällig. Der Youngster ist damit der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte. Sosa kostet mit acht Millionen kaum weniger. Und selbst bei Kempf, für den keine Ablöse fällig wird, liegt das Gesamtpaket aus Gehalt und Handgeld bei stolzen 18 Millionen Euro. Doch woher haben die klammen Schwaben nur ein Jahr nach der Rückkehr ins Oberhaus das viele Geld?

Ein Großteil kommt von der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Im vergangenen Jahr verkaufte der VfB 11,75 Prozent seiner Anteile für 41,5 Millionen Euro an Daimler. Ein zweiter Partner soll nach Möglichkeit schon bald eine ähnliche Summe investieren. Die Ablösezahlungen für die Neuzugänge können damit finanziert werden. Doch das ist natürlich nur die halbe Miete.

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Denn auch der Etat steigt und damit gleichzeitig die Erwartungen. Und genau hier liegt der Hund begraben. Der Klassenerhalt war zuletzt das große Ziel im Verein und auch die Fans hatten mehr nicht erwartet. Der Einzug in die Europa League wäre das Sahnehäubchen einer Saison, die ohnehin schon als Erfolg verbucht werden kann.

Es wird spannend

Wenn die Spielzeit 2018/19 startet, werden die Ansprüche aber andere sein. Und was, wenn der VfB dann nicht das Spielglück der vergangenen Monate hat? Ganz zu schweigen von der möglichen Doppelbelastung. Und auch von den teuren aber noch sehr jungen Neuzugängen darf man keine konstanten Topleistungen erwarten.

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Die VfB-Verantwortlichen sind also gefragt, einen schwierigen Spagat zu schaffen. Denn nach einer fast perfekten Rückrunde und der Verpflichtung heiß begehrter Toptalente könnten die Ansprüche in den Himmel schießen. Reschke nimmt dies in Kauf und sollte gleichzeitig wissen, wo der Verein zuletzt herkam. Demut und Geduld sind gefragt, um sich langsam und nachhaltig im oberen Tabellendrittel festzusetzen.

Dass der Deutsche Meister von 2007 dorthin will, untermauert er durch Investitionen am Limit. Fakt ist: Das Projekt VfB Stuttgart ist spannend wie seit langem nicht. Es ist ein Weg, der Mut erfordert. Und auf dem man schnell auf die Schnauze fliegen kann. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und wenn sich Maffeo und Sosa am Wasen so gut entwickeln wie zuletzt Pavard und Santiago Ascacíbar, winkt mittelfristig der ein oder andere größere Geldregen. Dann kann Reschke auch die Kreditkarte wieder glühen lassen.

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