Ronaldo und sonst nichts: Portugal steht am Abgrund

von Kevin Niekamp
3 min.
Die Erfolge des Weltfußballers verschleiern die Probleme im portugiesischen Fußball @Maxppp

Am 12. Januar war es soweit. Cristiano Ronaldo sicherte sich vor Lionel Messi und Manuel Neuer den Titel Weltfußballer 2014. Abseits des ganzen Trubels, ob diese Wahl verdient ist oder nicht, hat der Fußball in Ronaldos Heimat ganz andere Probleme. Schulden belasten die drei größten Klubs des Landes. Mit den Transfers von Perez nach Valencia und Silva nach Monaco, deutet sich bereits an, was die Zukunft bringen könnte.

Aus Topf eins wurde Benfica Lissabon bei der Auslosung der Champions League Gruppenphase in die Gruppe C gezogen. Nach sechs Spielen mit nur einem Sieg schied der Europa League-Finalist der Jahre 2013 und 2014 hinter dem AS Monaco und Bayer Leverkusen als Gruppenletzter aus. Nur der FC Porto, ebenfalls aus Topf eins gezogen, schaffte den Sprung ins Achtelfinale. Sporting wurde hinter Schalke und Chelsea Gruppendritter und wird im Februar in der Europa League antreten.

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Trotz der unterschiedlichen sportlichen Erfolge in der laufenden Saison haben die ‚Tres Grandes‘ eines gemeinsam. Sie schieben einen riesigen Schuldenberg vor sich her, der sich, laut einem Bericht der ‚Welt‘, auf zusammen über eine Milliarde Euro erstreckt. „Der portugiesische Fußball lebt seit Jahren über seinen Verhältnissen“, sagt der Ökonom Antonio Samagaio, „die jüngsten positiven Resultate sind sicherlich der Qualität der Spieler zu verdanken, aber auch einer unkontrollierten Verschuldung. Die großen Drei sind technisch bankrot“. 449 Millionen Euro sind es bei Benfica, 442 Millionen bei Sporting und der FC Porto steht mit ‚nur‘ 209 Millionen verhältnismäßig gut dar.

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Transfereinnahmen verpulvert

Dabei war allen voran der FC Porto immer wieder für gute Verkäufe bekannt. Eliaquim Mangala für 40 Millionen Euro in diesem Sommer oder James Rodríguez und João Moutinho, die den Klub ein Jahr zuvor für zusammen 70 Millionen Euro verließen. Mit Hulk (40 Millionen Euro 2012), Radamel Falcao (40 Millionen Euro 2011), Bruno Alves (22 Millionen Euro 2010) und vielen weiteren lässt sich diese Reihe beliebig lange fortsetzten. In jedem Jahr gleicht Porto seine Bilanz durch teure Spielerverkäufe aus. So stehen kolportierte 375 Millionen Euro Transferplus in den letzten zehn Jahren zu buche.

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Ähnlich verhält es sich bei Benfica. David Luíz, Nemanja Matic, Lazar Markovic und Axel Witsel spülten in den letzten Jahren weit über 100 Millionen Euro in die Vereinskassen. Aber wie konnte es dann zu solch einem großen Schuldenberg kommen?

Die ersten zehn Jahre des neuen Jahrtausends beschreibt der Sportökonom Paulo Reis Mourao als ein „verlorenes Jahrzehnt“ in dem es ein „Verschuldungswettrennen“ gab, dass von Missmanagement und einer fehlenden Gehaltsdeckelung geprägt war – getrieben von der zu hohen eigenen Erwartungshaltung und der Ungeduld der eigenen Fans.

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Die teuren Stadien der EM 2004, viel zu hohe Gehälter für Spieler und Funktionäre – Benficas Trainer Jorge Jesus soll fünf Millionen Euro jährlich kassieren – und die steigenden Ablösesummen für junge Spieler aus Südamerika, die oft über die portugiesischen Vereine den Sprung zu einem Top-Klub in Europa geschafft haben, machen den Tradtionsklubs immer mehr zu schaffen. Hinzu kommt, dass viele Spieler den Vereinen nur zu einem bestimmten Teil gehören. Laut der Unternehmensberatung KPMG sind rund ein Drittel der Spieler der Liga Eigentum von Investoren.

Acht Millionen vom Fernsehen

Nur von Erfolgen auf nationaler Ebene können Benfica und Co. nicht überleben. Die drei großen Klubs des Landes erhalten zusammen gerade einmal 24 Millionen Euro für die Fernsehrechte. Zum Vergleich: Der letzte der Premier League aus der vergangenen Saison, Cardiff City, erhielt alleine 76 Millionen Euro. Erst durch das lukrative Geschäft der Champions League mit Einnahmen in Millionenhöhe kann der angefangene Kreislauf aufrecht erhalten werden.

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Bislang lief das System noch ohne größere Störfälle, doch durch den Bankrott der Banko Espirito Santo, die der Hauptgläubiger des portugiesischen Fußballs ist, bekommt die Geschichte eine ganz neue Wendung. Die Bank ist mit acht Prozent der Anteile Minderheitsaktionär bei Benfica. Durch ein Rettungspaket der Regierung gehört der Klub mittlerweile zu Teilen dem Staat.

Nächsten Abgänge stehen bereit

Ein Beispiel für andere Banken des Landes, die sich nun nach und nach aus dem Fußballgeschäft zurückziehen wollen. Dadurch rücken Vereine wie Porto und Sporting in das Visier von ausländischen Finanzinstitutionen, die bei den Klubs einsteigen wollen.

Sollte nicht langsam ein Umdenken stattfinden, werden Perez und Silva nicht die einzigen bleiben, die die Liga verlassen. Mit Jackson Martínez, William Carvalho und Nicolás Gaitan stehen die nächsten potentiellen Abgänge schon bereit. Am Ende wird es dann wohl wieder Ronaldo sein, der sportlich für positive Schlagzeilen sorgt. Zumindest in Portugal.

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