Der moderne Fußballer: Die Schablonen-Karriere des Heung-Min Son

von Tristan Bernert
4 min.
Heung-Min Son @Maxppp

Im Alter von 23 Jahren hat sich Heung-Min Son seinen Traum erfüllt: Für 30 Millionen Euro wechselte der Südkoreaner zu Tottenham Hotspur in die Premier League. Der Transfer ist das Resultat eines durchdachten Karriereplans. FussballTransfers wirft einen Blick auf einen Spieler, der nicht immer seinen eigenen Weg zu beschreiten scheint.

In Europa ist Heung-Min Son ein überdurchschnittlich begabter Fußballer. In seiner Heimat Südkorea ist er weit mehr als das. Der 23-Jährige ist auf und neben dem Platz ein Idol, ein Superstar, eine Marke. In seiner Person verbindet sich sportlicher Ehrgeiz mit wirtschaftlichem Denken. Seine Karriere gleicht einer Unternehmensstrategie: Bis ins Detail vorausgeplant, nutzenmaximierend, emotionslos.

Unter der Anzeige geht's weiter

In gewisser Weise steht Son damit sinnbildlich für das Schreckensbild eines modernen Fußballs, in dem es immer weniger um das Spiel und immer mehr um das Geld geht. Architekt seines Werdegangs ist sein eigener Vater. Wong Jung Son gilt als ehrgeizig und autoritär. Als ehemaliger Profifußballer weiß er, wie das Geschäft funktioniert. Für seinen Sohn ist er Mentor und inoffizieller Berater. Auch traditionell bedingt legt Son Junior großen Wert auf die Meinung seines Vaters.

Lese-Tipp Bayerns Zusage an Stanisic

Etappe 1: Anfänge in Europa

Den ersten Schritt auf dem Weg zum Fußballprofi machte Son beim Hamburger SV. Im Rahmen einer Kooperation der Hanseaten mit dem südkoreanischen Fußballverband KFA war der damals 16-Jährige vom FC Seoul ins HSV-Internat gewechselt. Wohin sein Weg ihn führen sollte, war Son schon damals bewusst. „Ich habe von der Premier League geträumt, seit ich ein kleiner Junge bin“, verriet er auf einer Pressekonferenz. Um dieses Ziel schnellstmöglich zu erreichen, investierte er viel.

Unter der Anzeige geht's weiter

Mit 18 gab er sein Profidebüt für den Bundesligadino. Seine drei Saisontore in 13 Spielen hinterließen eine erste Duftmarke. In den kommenden Spielzeiten sollte er sich stetig steigern. 2011/2012 traf er fünfmal, ein Jahr später sogar zwölfmal. Das rief größere Vereine auf den Plan. Diverse Klubs aus der Premier League buhlten um Sons Dienste, doch geleitet durch seinen Vater bewies er Geduld. Anstatt den Wechsel auf die Insel früh zu wagen und eventuell zu scheitern, entschied er sich für die Zwischenstation Bayer Leverkusen.

Etappe 2: Internationale Erfahrungen

In Hamburg löste der Wechsel trotz einer üppigen Ablöse von zehn Millionen Euro einen Aufschrei aus. Die Hanseaten hatten gerade eine überraschend gute Saison hinter sich, an deren Ende man auf Rang sieben stand. Im Verein war eine Aufbruchsstimmung zu spüren, die durch den Abgang des Juwels schlagartig zerstört wurde. Im streng strukturierten Karriereplan des Südkoreaners war aber schlicht keine Zeit mehr für ein weiteres Jahr bei den Norddeutschen. In Leverkusen konnte er Champions League spielen und so nahm er das Angebot der ‚Werkself‘ an, auch wenn er sich damit den Unmut des Vereins zuzog, der ihn lange förderte.

Unter der Anzeige geht's weiter

Sportlich sollte sich der Wechsel für Son schnell auszahlen. In seinem ersten Jahr unterm Bayerkreuz absolvierte er gleich 43 Pflichtspiele – acht davon in der ‚Königsklasse‘. In der Saison 2014/2015 stieg er vom Stammspieler zum Toptorschützen auf. 17 Mal traf Son und überzeugte als dynamischer, abschlussstarker Linksaußen. Wiedereinmal riefen seine Leistungen größere Verein auf den Plan und wiedereinmal ordnete er dem sportlichen Fortschritt alles andere unter.

Verbrannte Brücken in Leverkusen

Ausgerechnet am Tag des zum Spiel der Saison auserkorenen Rückspiels der Champions League-Qualifikation gegen Lazio Rom flog Son nach London, um mit Tottenham Hotspur über einen Wechsel zu verhandeln. Die Mannschaft traf dies völlig unvorbereitet. „Als er um 9 Uhr nicht da war, haben wir ihm geschrieben, ob wir ihm seine Sachen rausbringen sollen, damit keiner merkt, dass er zu spät ist. Aber er hat nicht geantwortet und danach hat man uns erklärt, was los ist", sagte Hakan Calhanoglu damals.

Unter der Anzeige geht's weiter

Das Verhalten des 23-Jährigen verärgerte seine Mannschaftskameraden. „Ich bin sehr enttäuscht von ihm, geschockt und überrascht“, verriet Stefan Kießling. Einen Schuldigen hatte man in Leverkusen schnell gefunden: Sons Vater. „Die ganze Mannschaft ist ziemlich enttäuscht. Es ist aber nicht seine Schuld, er ist ein feiner Kerl. Ich glaube, er wird schlecht beraten. Wenn man 23 ist, hat man sicher Respekt vor seinem Vater, aber man muss irgendwann auch mal seine eigenen Entscheidungen treffen“, kritisierte Calhanoglu.

Zwischen Leverkusen-Trainer Roger Schmidt und Sons Vater soll es laut ‚Express‘ sogar zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen sein. „Das ist eine traurige Geschichte“, kommentierte der Coach das Wechsel-Theater. Helfen konnte das alles nichts. Son wechselte am 28. August für 30 Millionen Euro zu Tottenham Hotspur.

Etappe 3: Wechsel in die Premier League

Auch wenn der Transfer menschlich gesehen Fragen aufwarf, profitierten alle Parteien. Die ‚Werkself‘ nutzte die englischen Millionen, um sich mit Javier ‚Chicharito‘ Hernández und Kevin Kampl zu verstärken. Son erfüllte sich seinen Traum von der Premier League und auch die ‚Spurs‘ freuten sich über ein gutes Geschäft.

Einen knappen Monat nach seinem Wechsel stand Son bereits in vier Pflichtspielen für die Londoner auf dem Platz. Dabei belohnte er mit drei Treffern das Vertrauen seines Trainers Mauricio Pochettino, der den Offensivwirbler auf dem linken Flügel oder auf ungewohnter Position im Sturmzentrum aufstellte.

Etappe 4: Wechsel in die Weltspitze?

Son ist anzumerken, dass er es genießt, endlich auf der Insel Spielen zu dürfen. Der befreite Jubel bei seinem ersten Premier League-Tor im Heimspiel gegen Crystal Palace spricht für sich. Doch Tottenham wird wohl nur eine weitere Etappe auf dem Weg nach ganz oben sein. Schließlich sind die ‚Spurs‘ zwar ein respektierter Verein, aber kein Klub, der um Titel mitspielt. Für Son und seinen Vater wird aber genau das der Anspruch sein. Schließlich ist er mehr als nur ein Fußballer. Er ist ein Idol, ein Superstar, eine Marke.

Unter der Anzeige geht's weiter

Nachrichten

Unter der Anzeige geht's weiter