Taktikvorschau Deutschland - Ghana: Entgegen dem Fluch

von Lukas Heimbach
4 min.
Will auch gegen Ghana für Furore sorgen: Thomas Müller @Maxppp

Mit 4:0 startete Deutschland gegen Portugal eindrucksvoll ins Turnier. Auch die schärfsten Kritiker sind seitdem verstummt. Am heutigen Samstagabend (21 Uhr) muss die DFB-Elf genau da weitermachen, wo sie aufgehört hat. Gegen das spielerisch starke Ghana können frühzeitig die Weichen auf Achtelfinalkurs gestellt werden. Dabei will man unbedingt den Fluch des zweiten Gruppenspiels besiegen.

Beeindruckend, was die Deutsche Nationalmannschaft gegen Portugal auf das brasilianische Geläuf zu Salvador zauberte. Mit einer blitzsauberen Vorstellung frühstückte die DFB-Elf überforderte Portugiesen mit 4:0 ab. An dieser Leistung gilt es am heutigen Abend gegen Ghana anzuknüpfen. Allerdings ist Vorsicht traditionell die Mutter des zweiten Gruppenspiels – oder sollte es zumindest sein.

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Denn in der jüngeren Historie der Nationalmannschaft hat es beinahe schon Tradition, dass man sich nach gutem Auftakt im darauffolgenden Spiel äußerst schwer tut. 2010 setzte es in Südafrika nach einem 4:0 Auftaktsieg gegen Australien eine 0:1-Pleite gegen Serbien. 2008 gewann man zunächst 2:0 gegen Gastgeber Polen, verlor anschließend jedoch gegen 1:2 gegen Kroatien.

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Entsprechend darf Deutschland nach dem überzeugenden Auftritt gegen die Iberer nicht in Selbstgefälligkeit verfallen. Allerdings hat man dieser Tage auch nicht den Anschein, dass dahingehend Gefahr bestünde. Die Euphorie ist mittlerweile zwar auch bei denjenigen, die noch vor wenigen Wochen ein Aus in der Vorrunde prophezeiten, wieder ins Unermessliche gewachsen, dennoch wirken die Mannen von Bundestrainer Löw sehr fokussiert und sportlich bodenständig.

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Personelle Fehltritte von Coach Appiah

Gegen Ghana erwartet die Nationalelf ein spielerisch starker Gegner, der sich in seinem ersten Spiel gegen die USA unter Wert verkaufte. Unglücklich verlor man 1:2 gegen Jürgen Klinsmanns US-Boys. Schuld daran waren womöglich auch personelle Fehlentscheidungen von Coach Kwesi Appiah, der Schalke-Star Kevin-Prince Boateng und Ghana-Ikone Michael Essien zunächst auf der Bank schmoren ließ. Beide verliehen dem Spiel der ‚Black Stars‘ nach ihren Einwechslungen deutlich mehr Esprit und Durchschlagskraft.

Auffälligster Akteur auf Seiten Ghanas war der pfeilschnelle Rechtsaußen Christian Atsu vom FC Chelsea, der vergangene Saison an Vitesse Arnheim ausgeliehen war. Den 37-jährigen DaMarcus Beasley führte der 22-Jährige nach Belieben vor, wenngleich letztlich kein Tor dabei herauskam, da Atsus Zielspieler die Kugel nicht in den gegnerischen Maschen unterbringen konnten.

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Generell hatte der WM-Viertelfinalist von 2010 ein deutliches Übergewicht auf der rechten Seite. Hier überluden Atsu und Rechtsverteidiger Daniel Opare häufig den Flügel und initiierten Angriff um Angriff. Opare, der bei Standard Lüttich seine Brötchen verdient, ist zwar durchaus ein Außenverteidiger von internationalem Format, neigt jedoch dazu, es mit seinen Offensiv-Vorstößen zu übertreiben. Auch gegen die Klinsmann-Elf taten sich hinten rechts immer wieder große Freiräume auf, die die USA bei Kontern über Clint Dempsey und Jermaine Jones besetzte.

Rechte Abwehrseite als Achillesferse – Umschaltspiel über links

Ghanas Rechtsaußen Atsu wird es am heutigen Samstagabend mit Schalkes Benedikt Höwedes zu tun bekommen. Nicht unbedingt der dankbarste Gegenspieler für den S04-Kapitän. Höwedes ist zwar äußerst zweikampfstark und verfügt über eine hohe Sprintgeschwindigkeit. Gleichzeitig ist der 26-Jährige jedoch etwas hüftsteif und antritts-limitiert. Das könnte der wendige, explosive Atsu versuchen im Dribbling auszunutzen. Umso wichtiger, dass Höwedes in der Defensive von Lahm oder Kroos unterstützt wird, sodass man den ghanaischen Angreifer doppeln kann.

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Wie die USA könnte auch Deutschland versuchen, die sich womöglich ergebenden Räume auf dem linken deutschen Flügel zu besetzen und bei Ballgewinn blitzschnell Konter im Rücken von Opare und Atsu zu fahren. Prädestiniert hierfür wäre André Schürrle aufgrund seiner ausgewiesenen Sprinter-Qualitäten sowie seines starken Torschabschlusses. Auch Lukas Podolski wäre sicherlich denkbar. Trotz starken Auftritts gegen Portugal muss Mario Götze wohl mit dem Platz auf der Bank vorliebnehmen.

Darüber hinaus ist John Boye von Stade Rennes eine ausgemachte Schwachstelle im Abwehrzentrum der Westafrikaner. Der rechte Innenverteidiger der ‚Black Stars‘ war im Auftaktspiel gegen die US-Amerikaner ständiger Gefahrenherd für die eigene Defensive und sah beim Blitztor von Clint Dempsey aus als wäre er im falschen Film, wie Arnold Schwarzenegger in Titanic. Der 27-Jährige wirkt äußerst unsicher und ist lediglich Notlösung für die verletzten Isaac Vorsah und John Mensah. Auch der Laufstil des ghanaischen Verteidigers erinnert aufgrund seiner Roboter-analogen Armbewegung mehr an einen 100-Meter-Läufer als an einen Fußballer. Auch diese Schwachstelle in Ghanas Defensive wird Löw seinen Jungs sicherlich eingehend mit auf den Weg gegeben haben.

Vertikalpässe aus dem Zentrum verhindern

Weiteres taktisches Mittel der Westafrikaner ist das Spiel durch das Zentrum. Die zentralen Mittelfeldakteure spielen einen Vertikalpass auf einen zentralen Offensivspieler und rücken sofort nach, um die Ablage verwerten oder nach Raumgewinn mit Schnittstellenpässen Torraumszenen einleiten zu können. Mit den drei zentralen Mittelfeldstrategen Lahm, Khedira und Kroos ist Bundestrainer Joachim Löw bestens beraten. Diesen kommt die essenzielle Aufgabe zu, die Vertikalbälle Muntaris und Boatengs zu verhindern. So sollte es gelingen, das Offensivspiel Ghanas nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.

Bei Ballbesitz der Afrikaner könnte sich Shkodran Mustafi um Stürmerstar Asamoah Gyan kümmern. Aufgrund seiner Athletik und Dynamik dürfte der Italien-Legionär von Sampdoria Genua Vorteile im Zweikampf mit dem ghanaischen Angreifer haben. Per Mertesacker hingegen ist bei all seiner Erfahrung, seiner Ruhe am Ball und seinen sauberen Tacklings eher hüftsteif und behäbig im Antritt, was Gyan womöglich zugutekommen würde.

Fazit

Resümierend bleibt festzuhalten, dass Deutschland aufgrund des überzeugenden Auftakts gegen Portugal und der größeren Qualität als Favorit in die Partie geht. Unterschätzen darf die Löw-Elf Ghana jedoch unter gar keinen Umständen. Insbesondere in der Offensive besitzen die Black Stars enormes Potenzial, das jede Defensive der Welt in Verlegenheit bringen kann, wenn man sie spielen lässt. Dennoch – verfällt die Nationalmannschaft bei all der Euphorie nicht in Übermut, sollte man die Weichen mit einem Sieg frühzeitig Richtung Achtelfinale stellen können.

So könnten sie spielen

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