Chelseas Leih-Geschäft: Masse statt Klasse?

von Julian Hickel
3 min.
Chelseas Leih-Geschäft: Masse statt Klasse? @Maxppp

Insgesamt 25 Spieler hat der FC Chelsea aktuell an Klubs in ganz Europa verliehen – eine Transferpolitik, die bereits in den vergangenen Jahren immer wieder für Kritik sorgte. Die Bilanz liest sich durchaus gemischt: Während Spieler wie Lucas Piazón bereits etliche Leihen hinter sich haben und nie bei den Blues Fuß fassen konnten, profitierten Mason Mount und Tammy Abraham beispielsweise von dem Modell.

Beim FC Chelsea gehört es mittlerweile seit vielen Jahren zum Tagesgeschäft, dass hoffnungsvolle Talente an andere Vereine ausgeliehen werden, um Spielpraxis zu sammeln und sich für einen dauerhaften Platz im Kader des Londoner Klubs zu empfehlen. Letzteres gelingt so manchem Akteur allerdings nicht. Nicht selten werden die aufstrebenden Youngsters nach dem Ende einer Leihe gleich wieder an den nächsten Verein weiter verliehen. Nur wenige Spieler schaffen es nach wiederholten Leihen dann doch, sich bei Chelsea in den Dunstkreis der ersten Elf zu spielen.

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Aus der zweiten Liga in die Champions League

Es gibt durchaus Beispiele, die belegen, dass das Chelsea-Modell funktionieren kann. Sowohl Mason Mount als auch Tammy Abraham sind mittlerweile feste Größen an der Stamford Bridge. Auf dem Karriereweg der beiden Offensivspieler zeigen sich Parallelen: Beide stammen aus der Chelsea-Jugend und wurden mehrfach verliehen, bevor sie sich durchsetzen konnten.

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Der mittlerweile 21-jährige Mount war 2017 erst an Vitesse Arnheim verliehen, bevor er 2018 für ein Jahr auf Leihbasis bei Derby County spielte. In der Saison 2019/20 schaffte er dann den Durchbruch bei Chelsea. Er entwickelte sich zur absoluten Stammkraft und bestritt 37 Spiele in der Premier League und darüber hinaus auch acht Champions League-Partien.

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Gleiches gilt für Stürmer Abraham. Zwischen 2016 und 2019 an Bristol City, Swansea City und Aston Villa in die Championship ausgeliehen, wurde der 23-Jährige in der zurückliegenden Spielzeit zur Entdeckung der Saison. 15 Tore erzielte Abraham allein in der Premier League, drei weitere in der Champions League.

Begünstigt wurde der Aufschwung der Nachwuchskräfte allerdings auch durch die Transfersperre, die den Londonern 2019 auferlegt wurde. Durch diese war der Klub gezwungen, auf die vorhandenen Spieler zu setzen. Ob Mount und Abraham bei den Blues ohne diese Umstände überhaupt die Chance bekommen hätten, als Stammspieler ihre Qualität unter Beweis zu stellen, darf angezweifelt werden.

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Die ewigen Leihspieler

Die Liste an Spielern, denen der Durchbruch bis heute verwehrt blieb, ist lang. Viele der aktuell 25 vom FC Chelsea verliehenen Akteure sind nicht zum ersten Mal auf Leihbasis für einen anderen Klub aktiv. Für sie wiederholt sich der Kreislauf jedes Jahr: Sie kehren zu den Blues zurück, wechseln aber dann gleich wieder zum nächsten Klub. Eine konstante Entwicklung ist auf diese Art und Weise selten möglich.

Das Paradebeispiel für den ewigen Leihspieler ist Außenbahnspieler Lucas Piazón, der einst auch in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt spielte. Seit 2012 steht der inzwischen 26-jährige Brasilianer bei Chelsea unter Vertrag. Bis heute war er seitdem an sieben unterschiedliche Klubs ausgeliehen, aktuell spielt Piazón für den portugiesischen Erstligisten Rio Ave FC.

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Kürzlich äußerte der Rechtsfuß Kritik am Leihtransfer-Modell des Vereins: „Ab einem bestimmten Punkt ist die Bindung nicht mehr für beide Seiten ertragreich. Am Anfang habe ich mich sehr gut gefühlt. Ich kam zur ersten Mannschaft und selbst bei den ersten Leihen hatte ich das Gefühl, Chelsea hatte Erwartungen und Interesse an meiner Entwicklung“, so der ehemalige brasilianische U-Nationalspieler im Gespräch mit ‚Maisfutebol‘, „mit zunehmender Zeit wurde ich aber immer mehr zu einem Geschäft für sie. Sie haben mich verliehen mit der Erwartung, mich später verkaufen zu können und mit mir Geld zu machen.“

Spagat zwischen wirtschaftlichen Aspekten und Moral

Fakt ist, dass das Modell für den sechsmaligen englischen Meister wirtschaftlich gesehen viele Vorteile mit sich bringt. Junge Spieler werden für wenig Geld verpflichtet und zu einem späteren Zeitpunkt mit Profit wieder verkauft, nachdem sie auf ihren Leihstationen ihre Qualität unter Beweis gestellt haben. Einen sportlichen Mehrwert bringt das dem Klub meistens jedoch nicht. In einigen Fällen entpuppen sich die von den Blues verkannten Spieler gar bei anderen Vereinen als absolute Topspieler. Als prominente Beispiele sind Kevin De Bruyne (Manchester City) und Mohamed Salah (FC Liverpool) zu nennen.

In der Nachwuchsarbeit beim FC Chelsea scheint Masse wichtiger zu sein als Klasse. Von den vielen aufstrebenden Spielern schafft am Ende nur ein Bruchteil den Durchbruch. Andere werden auf dem Weg letztendlich verheizt und durch das System in ihrer Entwicklung ausgebremst.

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