Die Fehler des Bundestrainers

von Lukas Hörster
3 min.
Hansi Flick ist seit Sommer 2021 Bundestrainer @Maxppp

Deutschland ist beim ersten Turnier mit Hansi Flick in der Verantwortung in der Vorrunde ausgeschieden. Dabei hat fraglos auch der Bundestrainer Fehler gemacht. FT mit einer kommentierenden Analyse.

Wenn der Ball vor Japans gruppenentscheidendem 2:1-Siegtreffer nur einen Zentimeter weiter über die Torauslinie gerutscht wäre, würde es diesen Artikel wohl nicht geben (müssen). Doch nun steht nun einmal das erneute Vorrunden-Aus des viermaligen Weltmeisters Deutschland. Und bei so einer Enttäuschung gilt es Fehler zu benennen – auch die des Bundestrainers.

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Man müsse „in der Ausbildung Dinge anders“ angehen, lautete Hansi Flicks Blitzanalyse nach dem nutzlosen 4:2-Sieg gegen Costa Rica. Mag sicherlich sein. Doch ist es die vorrangige Aufgabe eines Trainers, aus dem vorhandenen Personal das Maximum rauszuholen. Das ist Flick in folgenden Punkten nicht gelungen:

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Nominierung

Trotz starker Hinrunde bei Borussia Dortmund verzichtete Flick auf Mats Hummels im WM-Kader und nahm stattdessen lieber seine im selben Verein inkonstanten Kollegen Niklas Süle und Nico Schlotterbeck mit. Beide wackelten bedenklich. Schlotterbeck entzog Flick schon nach dem 1:2 gegen Japan das Vertrauen. Süle durfte nach seinem Aussetzer gegen die Asiaten weiter grotesk an Bällen vorbeitreten und Stürmern hinterherlaufen. Gerade die Ruhe und Souveränität von Hummels hätte der auch nervlich angeschlagenen deutschen Abwehrreihe geholfen. Dieser Option beraubte sich Flick freiwillig.

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Wechsel gegen Japan

Zum WM-Auftakt hatte Deutschland lange alles im Griff und führte 1:0 gegen Japan. Doch ein Doppelwechsel in der 70. Minuten zeichnete einen tiefen Bruch in den Spielverlauf. Mit Thomas Müller und Ilkay Gündogan nahm Flick die Erfahrung aus rund 180 Länderspielen vom Platz und brachte mit Leon Goretzka und Jonas Hofmann zwar gestandene Spieler – die Notwendigkeit dafür fehlte aber schlicht. Folglich gingen Schärfe und Kommunikation im Anlaufen (Müller) und insbesondere Ballsicherheit (Gündogan) flöten. Gegen mutiger werdende Japaner, die das Spiel auf ihre Seite zogen und drehten. „Wenn man Ilkay Gündogan auswechselt und Leon Goretzka einwechselt, darf kein Bruch stattfinden“, sagt Flick und schiebt die Verantwortung damit weiter. Doch waren eben Gündogans Qualitäten in diesem Spiel viel mehr gefragt als Goretzkas. Ein Gute-Laune-Wechsel zugunsten des unzufriedenen Bayern-Spielers kostete den Auftaktsieg und somit letztlich das Weiterkommen.

Kein Vertrauen in Füllkrug

Flick hat es geschafft, eine Elf auf den Platz zu schicken, die die meisten Torschüsse und Großchancen aller WM-Teilnehmer kreierte. Der xG-Wert (zu erwartende Tore angesichts der Menge und Qualität an Torchancen) über die Vorrunde verteilt liegt bei 10.0 – Zweiter in diesem Ranking ist Frankreich mit 7.4. Doch Deutschland traf in den entscheidenden Momenten nicht. Ein Grund: Flick verzichtete auf einen spezialisierten Torjäger in der Startelf. Niclas Füllkrug erfüllt das Profil des robusten, abschluss- und kopfballstarken Mittelstürmers, das seit Jahren vermisst wird. Zudem traf er nicht nur zum 1:0-Testsieg im Oman, sondern auch gegen Spanien (1:1) und Costa Rica. Flick dagegen vertraute zweimal lieber Thomas Müller im Sturmzentrum. Dafür gab es Gründe im Anlaufen und Coaching – doch die mangelnde Torgefahr des Routiniers war sinnbildlich für Deutschlands fehlenden Killerinstinkt in Katar. Diesen verkörperte mit Füllkrug lediglich ein Edeljoker.

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Fazit

Im Vergleich zum Aus bei der WM 2018 hat Deutschland unter Flick besseren und moderneren Fußball gespielt und ist auch durch eine Menge Pech ausgeschieden. Trotzdem trägt der Bundestrainer die Hauptverantwortung. Fakt ist: Der Zauber des Trainers, der mit dem FC Bayern sechs Titel in einem Jahr gewann, ist nun erstmal verflogen. Mit Blick auf die Heim-EM 2024 muss Flick in Personalfragen in manchen Fällen (Hummels, Füllkrug) uneitler werden und in anderen (Goretzka-Einwechslung) Härte zeigen. Ein schmaler Grat und eine große Aufgabe und Verantwortung vor einem besonderen Turnier, bei dem die riesige Chance besteht, das Land wieder hinter zu sich bringen. Davon ist das DFB-Team gerade gefühlt weiter entfernt denn je.

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