Der FC Bayern hat in der vergangenen Saison in der Bundesliga enttäuscht. Schuld daran sind auch finanzielle Probleme, die sich der Rekordmeister selber eingebrockt hat.
Zwei Grundsätze schienen in Fußballdeutschland bezogen auf den FC Bayern über mehrere Jahrzehnte gesetzt: Das berühmte Festgeldkonto der Münchner war stets eine adäquate Drohung, wurde aber selten benutzt. Und wenn der Klub einen Spieler wirklich wollte, dann wechselte der auch definitiv zum Rekordmeister. Beide Maxime scheinen nun seit einer Weile nicht mehr zu gelten und das ist mit dafür verantwortlich, dass der Klub seine absolute Vormachtstellung in der Bundesliga zumindest auf Zeit eingebüßt zu haben scheint. Finanzielle Verfehlungen und Großmannssucht sorgten beim FCB für eine finanzielle Schieflage im Personaletat – und die verhinderte im Sommer einige Transfers.
Nach der deutlich verpassten Meisterschaft der vergangenen Saison und zugleich dem ersten titellosen Jahr seit 2012 sollte bei den Bayern kein Stein mehr auf dem anderen gelassen und der Kader für den Großangriff auf Bayer Leverkusen aufgerüstet werden. Zwar gelangen den Münchnern mit den Verpflichtungen von Michael Olise (22), João Palhinha (29) und Hiroki Ito (25) drei spannende Transfers, mit Jonathan Tah (28) und Désiré Doué (19) fanden zwei absolute Wunschspieler jedoch nicht den Weg in die Allianz Arena. In beiden Fällen scheiterte der Transfer jedoch nicht an der Bereitschaft der Spieler, sondern vor allem am Geld.
Gehaltsvolumen von mehr als 300 Mio
Nach einem Veto von Bayern-Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß, die der Patriarch auf seine eher direkte Art formulierte – „Der FC Bayern hat keinen Geldscheißer“ – setzte sich der Klub in der Folge stärkere Limits, was die Ablösezahlungen angeht, gar von einem zwischenzeitlichen Transferverbot war die Rede. Max Eberl versuchte noch, den Tah-Transfer um den Aufsichtsrat herum einzutüten, Leverkusen war jedoch nicht bereit, seine Ablöseforderung zu senken. Die Auflage für den Sportvorstand war es, zunächst mit Spielerverkäufen Geld einzunehmen, bevor weitere Käufe getätigt werden. Doch auch auf der Verkaufsseite tat sich der Rekordmeister schwer. Die Schuld daran trägt vor allem Eberls Vorgänger.
Mit Noussair Mazraoui (26), Mathijs de Ligt (25), Leon Goretzka (29), Kingsley Coman (28) und Alphonso Davies (23) gab es fünf potenzielle Abgangskandidaten. Interessenten für das Quintett gab es zwar einige, doch viele Gespräche offenbarten, dass es ein großes Problem gab: Das Gehaltsgefüge des Rekordmeisters. Das jeweilige Jahressalär der Bayern-Spieler schreckte potenzielle Käufer ab. Im Sommer hat das Gehaltsvolumen des FC Bayern dem Vernehmen nach bei über 300 Millionen Euro gelegen – eine Summe, die selbst in der vor Geld nur so strotzenden Premier League für vollkommenes Unverständnis gesorgt hatte. Allein sieben Profis verdienten zu diesem Zeitpunkt mehr als 17 Millionen Euro pro Saison.
Sarr offenbart Fabelgehalt
Zwar fanden Mazraoui und de Ligt noch den Weg zu Manchester United, beide wechselten aber für vergleichswiese schmale Ablösen von 15 beziehungsweise 45 Millionen Euro. Wichtiger war für die Bayern, dass beide von der Gehaltsliste verschwanden. Viele der Verträge, die dem Verein noch immer große Probleme bereiten, stammen aus der Zeit von Sportvorstand Hasan Salihamidzic, der Spieler während seiner Amtszeit laut ‚kicker‘ „kaum mit Inhalten, sondern hauptsächlich mit Geld überzeugen konnte“.
Ein weiteres Beispiel für einen Salihamidzic-Transfer ist Bouna Sarr. Der Rechtsverteidiger war 2020 überraschend von Olympique Marseille an die Isar gewechselt und kam in seinen vier Saisons für den Klub lediglich auf 33 Pflichtspieleinsätze. Trotz der wenigen Spielzeit suchte der heute 32-Jährige allerdings nicht das Weite und saß seinen Vertrag beim FCB aus. Den denkbar einfachen Grund nannte der aktuell auf Vereinssuche befindliche Sarr kürzlich in einem Interview mit der ‚L’Équipe‘: „Ohne mich selbst zu entwerten: Ich bin nicht in der Position, das zu verlangen, was ich bei Bayern verdient habe, oder auch nur in die Nähe davon zu kommen.“
Keine Kontinuität
Doch nicht nur die teuren Gehälter an sich lasten schwer auf den Finanzen der Bajuwaren. Vor allem personelle Fehlentscheidungen sorgten in den vergangenen Jahren für zusätzliche Kosten. Stand der FCB früher einmal für Kontinuität in der Geschäftsstelle und auf der Trainerbank, so hat sich auch dieser Grundsatz schleichend verabschiedet. Die Trainer Hansi Flick, Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel und nun Vincent Kompany kosteten nach Informationen des ‚kicker‘ in den vergangenen drei Jahren rund 90 Millionen Euro. Allein die starke Fluktuation auf der Geschäftsstelle kostete den Klub 50 Millionen Euro an Gehaltsweiterzahlungen oder Abfindungen, mehr als 20 Funktionäre wurden seit 2021 ausgetauscht.
Es ist nun an Max Eberl, den riesigen finanziellen Scherbenhaufen aufzukehren. Der wichtigste Arbeitsschritt bleiben dabei die Verträge der Profimannschaft. Sieben Kontrakte laufen im kommenden Sommer aus, darunter befinden sich Großverdiener wie Manuel Neuer (38), Thomas Müller (34), Joshua Kimmich (29) und Leroy Sané (28). Alles sind absolute Größen im Klub, aber auch eigentlich zu teuer. Mit Kimmich laufen aktuell Verhandlungen, dem Vernehmen nach möchte der Klub das Gehalt des neuen DFB-Kapitäns um 25 Prozent drücken. Dieser hat allerdings auch mit dem FC Barcelona und Paris St. Germain interessante Alternativen in Aussicht.
Chance für einen Umbruch?
Alphonso Davies (23) wird den Verein voraussichtlich in Richtung Real Madrid verlassen. Der Kanadier hatte öffentlich gefordert, ebenfalls zu den Großverdienern aufzusteigen. Der FC Bayern muss sich spätestens im Laufe der Rückrunde genau überlegen, wohin der Weg gehen soll. Die richtigen Entscheidungen müssen getroffen werden. Mit wem wird verlängert, wen lässt der Klub ziehen? Betrachtet man die Altersstruktur der betroffenen Spieler, bietet sich vielleicht sogar die Chance, einen großen Umbruch im Verein einzuleiten. Viel hängt sicher auch vom Erfolg in der aktuellen Saison ab – denn Fußball wird beim FC Bayern ja auch noch gespielt.
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