Brandt: Vom Wackelkandidaten zum WM-Fahrer?
Es läuft die 63. Minute, als Julian Brandt am Mittwochabend im Spiel von Borussia Dortmund gegen den FC Kopenhagen das Feld betritt. Prompt wirkte das Offensivspiel des Bundesligisten lebendiger. FT erklärt die zunehmend wichtigere Rolle des Blondschopfs beim BVB und wieso er noch ein WM-Ticket lösen könnte.

Vor ein paar Monaten hätte kaum jemand ernsthaft daran geglaubt, dass Julian Brandt noch auf den WM-Zug aufspringen könnte. Mittlerweile ist der 26-Jährige aus der Startelf von Borussia Dortmund kaum noch wegzudenken. Zuvor stand etliche Male ein Abschied von den Schwarz-Gelben im Raum.
Mit dem FC Arsenal und Lazio Rom fragten in den vergangenen Transferperioden gleich zwei Topklubs beim gebürtigen Bremer an. Brandt selbst strebe eine Luftveränderung an. „Nicht alles, was man hört, stimmt auch“, entgegnete der Borusse auf die Frage nach den Gerüchten. Und so blieb der Rechtsfuß, um sich beim BVB durchzusetzen.
Offensiver Aufschwung unter Rose
Unter Ex-Trainer Marco Rose entwickelte sich der 1,85 Meter große Mittelfeldspieler vom Reservisten zur Stammkraft. Von 46 möglichen Pflichtspielen verpasste er krankheits- oder verletzungsbedingt lediglich sechs. In den übrigen 40 Partien stand Brandt 30 Mal in der Startelf. Gerade seine Polyvalenz erwies sich für den jetzigen Trainer von RB Leipzig als Schlüsselelement. Der technisch versierte Nationalspieler lief sowohl im zentralen und offensiven Mittelfeld als auch auf der Außenbahn auf.
In den Spielen, die Brandt absolvierte, steuerte er neun Tore und zehn Vorlagen bei. In der Saison 2020/21 waren es in 45 Auftritten in Schwarz-Gelb lediglich vier Tore und zwei Vorlagen. Folglich war die Entlassung seines Förderers beim BVB ein Schock: „Ich dachte, das wäre vom Postillon.“
Ausgeprägteres Defensivverhalten unter Terzic
Doch auch unter Trainer Edin Terzic ist der 26-Jährige gesetzt. „Ich hatte viele Trainer, die ich defensiv maximal gebrochen habe. Es zieht sich durch wie ein Faden“, resümierte Brandt in einem Interview im Sommer. Weder unter Rose noch unter Peter Bosz und Lucien Favre zeigte er „diese Hartnäckigkeit, den Zweikampf gewinnen zu wollen“, wie der 26-Jährige selbst bekannte. Terzic scheint den kreativen Offensivspieler erreicht zu haben.
Seit Wochen beackert der Rechtsfuß das Mittelfeld und die Außenbahnen, geht die entscheidenden Schritte und führt Zweikämpfe, die wehtun. Die stark verbesserte Arbeit gegen den Ball ist Hauptgrund für Brandts Renaissance bei den Schwarz-Gelben. Er selbst sagt über seinen Aufschwung: „Ich bin noch ein Stück reifer geworden in meiner ganzen Art und Weise Fußball zu spielen. Ich habe an ein, zwei Stellschrauben gearbeitet.“
13 vs. 14 Ballaktionen
Exemplarisch kann an dieser Stelle auf das eingangs genannte Champions League-Spiel der Borussen gegen Kopenhagen verwiesen werden. In der 75. Minute konnte Anthony Modeste mickrige 13 Ballaktionen vorweisen, Brandt feierte seine 14. Besonders pikant: Der Blondschopf wurde eben erst in der 63. Minute eingewechselt, Modeste hingegen hatte in der Startaufstellung gestanden.
Mit der Einwechslung des Dribblers wurde das Offensivspiel des zuvor lethargisch agierenden Bundesligisten um ein Vielfaches lebendiger. Der gleichzeitig eingewechselte Youssoufa Moukoko kam in der 64. Minute dank eines Zuspiels von Brandt beispielsweise zur größten Chance der zweiten Halbzeit. „Er spielt eine richtig gute und konstante Saison in beide Richtungen sowohl offensiv als auch defensiv. Wir hoffen, dass er so weitermacht“, findet Terzic. Der ehemals zu verspielte Brandt agiert nun mannschaftsdienlich und fungiert bei den Dortmundern in einer spielerisch durchwachsenen Saison als Taktgeber.
Was macht Flick?
„Wenn man kurz vor so einem wichtigen Turnier ist, dann sollte man die Chance am Schopfe packen“, gab sich Brandt im September kämpferisch. Die Leistungsexplosion des variablen Offensivspielers wird Nationaltrainer Hansi Flick nicht entgangen sein. Auf der vermeintlichen Vorab-Liste des Nationaltrainers war der Blondschopf bereits zu finden und auch für die UEFA Nations League-Spiele im vergangenen Juni und September wurde der 26-Jährige von Flick nominiert.
In einer nominell üppig besetzten Offensive könnte Brandt aufgrund seiner Kreativität, seines erstarkten Defensivverhaltens und seiner Polyvalenz eine wertvolle Ergänzung sein.
Weitere Infos