Der FC Bayern hat das Vertragsangebot für David Alaba öffentlich zurückgezogen. Aber steht der Abgang des Österreichers damit wirklich fest? FT betrachtet eine komplizierte Situation.

Halloween war schon vorbei und dennoch sorgte Herbert Hainer am gestrigen Sonntag dafür, dass es so manchem Fan des FC Bayern kalt den Rücken herunterlief. Der Rekordmeister habe David Alaba eine Deadline bis Ende Oktober gesetzt, zu der er das Vertragsangebot der Münchner annehmen müsse. Diese ist verstrichen.
„Wir haben bis gestern nichts gehört. Daraufhin hat unser Sportvorstand Hasan Salihamidzic noch einmal aktiv bei dem Berater nachgefragt und die Antwort war, dass das Angebot immer noch unbefriedigend ist und wir weiter nachdenken sollen. Daraufhin haben wir uns entschieden, das Angebot komplett vom Tisch zu nehmen. Das heißt, es gibt kein Angebot mehr“, so Hainer im ‚BR‘.
Es sind Worte, die nachhallen, schließlich kommen sie zum jetzigen Zeitpunkt völlig überraschend. Öffentlich hatte Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic schließlich erst vor wenigen Wochen verkündet, dass es im Fall Alaba kein Ultimatum gebe. Noch am Freitag gab sich Trainer Hansi Flick hoffnungsvoll, was die Verlängerung mit dem Abwehrchef betrifft.
Nur ein Teil des Pokers?
Die Frage drängt sich auf: Trugen Salihamidzic und Flick ein eiskaltes Pokerface? Oder möglicherweise Hainer im ‚BR‘? Eine Aussage des Bayern-Präsidenten, die am gestrigen Sonntag etwas unterging, legt Entsprechendes nahe: „Der David ist ja noch acht Monate bei uns unter Vertrag und wir schätzen ihn unheimlich (zitiert via ‚SZ‘).“
Wäre der Alaba-Abschied bereits in Stein gemeißelt, würde der ehemalige adidas-Boss wohl kaum solche Worte wählen. Zumal Hainer zu keinem Zeitpunkt explizit von einer Trennung zum Saisonende spricht, oder davon, dass auf das zurückgezogene Angebot kein neues folgen kann.
Alaba-Seite unter Druck
Nüchtern betrachtet erhöht der Klubchef lediglich den Druck auf die Alaba-Seite. Er spielt dem Österreicher und seinen Beratern öffentlich den Ball zu. Zwischen den Zeilen scheint er zu sagen: „Wir haben alles versucht. Wenn die Verlängerung scheitert, liegt es nicht an uns.“
Alaba muss jetzt auf die Bayern zukommen, wenn er doch noch längerfristig bei seinem Heimatklub bleiben möchte. Darauf scheinen die Münchner zu hoffen, möglicherweise sogar darauf, dass Alaba sich von seinem ungeliebten Berater Pini Zahavi trennt.
Und wenn der Abwehrchef stur bleibt und den Klub zum Saisonende verlässt? Dann hätten die Bayern nun genug Zeit, um einen Nachfolger für Alaba zu finden. Dass die Personalplanungen sich in diese Richtung orientieren werden, erklärte auch Hainer im ‚BR‘. Zudem ist die Symbolwirkung eines Alaba-Abschieds nicht zu unterschätzen. Der Klub signalisiert Stärke, demonstriert, dass er über einzelnen Spielern steht und auch bereit ist, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen.
Eine Prinzipiensache
Den Münchnern ist eine solche Außenwirkung traditionell wichtig, wirtschaftlich vernünftig ist sie in diesem Einzelfall aber kaum. Die Alaba-Seite hatte in der Vergangenheit öffentlich bekräftigt, nicht mehr Gehalt zu fordern, als die bayrischen Topverdiener Manuel Neuer und Robert Lewandowski kassieren. Beide streichen rund 20 Millionen Euro ein, die Bayern sollen Alaba bis zuletzt noch 16 Millionen geboten haben – die selbsternannte Schmerzgrenze.
Aber fahren die Bayern tatsächlich gut damit, nicht über diese hinauszugehen? Ein Rechenbeispiel: Wären die Münchner nun über ihre Schmerzgrenze gegangen und hätten Alaba 18 Millionen jährlich gezahlt, würden die Mehrausgaben auf einen Fünfjahresvertrag gerechnet zehn Millionen betragen (ohne Beratergebühren etc.). Sollte Alaba den Klub nun verlassen, und geht man davon aus, dass der FCB einen Spieler auf ähnlichem Niveau – und damit ähnlichen Gehaltsvorstellungen – verpflichten will, bekäme man für diese Summe kaum Ersatz. Erst recht, da auch noch eine Ablöse fällig werden würde.
Der Rekordmeister scheint aber an seinen Prinzipien festzuhalten. In der Vergangenheit hat sich das für die Münchner ausgezahlt. Ob es im Fall Alaba auch so sein wird, bleibt abzuwarten.
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