Rekordtransfers 2017/18: Entwickelt sich das Financial Fairplay zur Farce?

von Niklas Kling - Quelle: UEFA | Welt
4 min.
Rekordtransfers 2017/18: Entwickelt sich das Financial Fairplay zur Farce? @Maxppp

Eigentlich sollten die Regelungen der UEFA zum Financial Fairplay dafür sorgen, dass die Transfersalden europäischer Klubs gesunden. Angesichts der Rekordausgaben für Superstar Neymar in Höhe von 222 Millionen Euro bestehen Zweifel an der Wirksamkeit des Reglements. FT beschäftigt sich mit der Frage, ob das FFP in seiner jetzigen Form weiterhin bestehen kann oder sich mehr und mehr zur Farce entwickelt.

65 Millionen Euro für Álvaro Morata, rund 85 Millionen für Romelu Lukaku und nicht zuletzt 222 Millionen Euro für Neymar: Die Ablösen auf dem Transfermarkt explodieren. Marktpreis und Veräußerungspreis, Einnahmen und Ausgaben der europäischen Topklubs stehen schon längst in keinem gesunden Verhältnis mehr zueinander, auch wenn es Angebot und Nachfrage offenbar hergeben. Zahlungskräftige, von Investoren gelenkte Vereine wie Paris St. Germain, der FC Chelsea oder auch Manchester City nehmen das große Geld in die Hand. Von Nachhaltigkeit kann dabei keine Rede mehr sein.

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Doch sollte an dieser Stelle nicht eigentlich das Financial Fairplay greifen? Ebenjenes Instrument, das die UEFA 2010 einführte, um – wie der europäische Verband selbst angibt – „die finanzielle Gesundheit des europäischen Klubfußballs zu verbessern“? Sollte nicht verhindert werden, dass die europäischen Teams „untragbare Schulden“ aufbauen, indem bei Verstößen gegen das FFP geeignete „Maßnahmen und Sanktionen“ angewendet werden? FT nimmt die Kernregelungen des Financial Fairplay einmal unter die Lupe, rückt sie in den aktuellen Kontext und geht der Frage nach: Greift das FFP überhaupt noch oder entwickelt sich das Reglement immer mehr zur Farce?

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Kernaussagen und Inkrafttreten des Financial Fairplay

Beim finanziellen Fairplay geht es darum, die finanzielle Gesundheit des europäischen Klubfußballs zu verbessern“, lautet die offizielle Definition in einem Satz auf der Homepage der UEFA. Durch das FFP sollen die europäischen „Vereine nicht mehr ausgeben, als sie einnehmen, außerdem werden Vereine bei der Anhäufung von Schulden eingeschränkt“.

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Um sich einen Überblick über den Schuldenstand der einzelnen Klubs zu verschaffen, setzt die UEFA das unabhängige Gremium FKKK (Finanzkontrollkammer für Klubs) ein, die die Finanzberichte der Vereine jährlich überprüft. Dabei gilt: Im Verlauf der vergangenen drei Jahre zum Zeitpunkt der Bewertung dürfen die Vereine nicht über fünf Millionen mehr ausgegeben haben als sie einnahmen – Spielergehälter eingeschlossen.

Eingeschränkt wird diese Regelung jedoch dadurch, dass der Schuldenstand auf bis zu 30 Millionen Euro anwachsen darf, sofern ein Investor das Defizit zu den erlaubten fünf Millionen ausgleicht. Grundsätzlich verboten wird dabei aber nicht, dass der jeweilige Eigentümer zusätzliches Geld einfließen lässt. Allerdings bewertet die FKKK selbst, wie viel von diesen liquiden Mitteln letztlich auch noch mit in die Bilanz einfließen darf.

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Sollte ein Verein gegen dieses Reglement verstoßen, entscheidet die FKKK über Sanktionierungsmaßnahmen. Diese reichen von einer Ermahnung über Geldstrafen und Punktabzügen bis hin zu Ausschlüssen von verschiedenen Spielbetrieben, je nach Schweregrad des Verstoßes. So wurde beispielsweise Paris St. Germain 2014 mit einer Begrenzung des Spielerkaders für die Champions League auf 21 statt 25 Spielern sowie einer Geldstrafe in Höhe von 60 Millionen Euro abgestraft.

Zu viele Schlupflöcher ermöglichen den Vereinen Bauerntricks

Doch wie kann es im Jahr 2017 auf einmal sein, dass ein Verein wie Paris St. Germain satte 222 Millionen Euro für einen einzigen Spieler auf den Tisch legen kann, ohne dass die UEFA bzw. die Finanzkontrollkammer auch nur mit der Wimper zuckt? Die Antwort lautet: Die Vereine und Verantwortlichen haben längst Wege gefunden, die Regularien des europäischen Verbands zu umschiffen.

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So geschehen im Fall Neymar: Der Superstar wurde kurzerhand zum offiziellen Botschafter Katars für die WM 2022 ernannt, erhielt dafür im Gegenzug einen Mega-Vertrag, der ihm kolportierte 300 Millionen Euro seitens der Qatar Sports Investments einbringen soll, und kaufte sich letztlich selbst von seinem ehemaligen Arbeitgeber FC Barcelona frei. Ein simpler, aber offensichtlich legaler Bauerntrick, den die FKKK nun genauer untersuchen muss. „Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass das Financial Fair Play ad absurdum geführt wird“, zitierte die ‚Welt‘ zuletzt Gladbach-Manager Max Eberl. Er könnte damit Recht behalten.

Man schaue sich nur einmal die Transferbilanz von Paris St. Germain der vergangenen drei Jahre an. 2015/16 holte man für insgesamt rund 115 Millionen Euro neues Spielermaterial, alleine 65 Millionen flossen dabei in Rechtsaußen Ángel Di María. Auf der Einnahmenseite hingegen standen verhältnismäßig lächerliche 23 Millionen Euro zu Buche. 2016/17 dann ein ähnliches, wenn auch leicht aufgehübschtes Bild. Knapp 145 Millionen investierte man in den Kader, 60 Millionen flossen zurück an die Seine.

Und nachdem die Pariser zumindest vom Papier her in diesem Jahr bereits 238 Millionen in Yuri Berchiche und vor allem Neymar steckten, jedoch nur 17 Millionen bislang auf der Habenseite verbuchen konnten, kann von „finanzieller Gesundheit“ in der französischen Hauptstadt wahrlich nicht die Rede sein.

Die UEFA muss aufwachen

Es wird in jedem Fall spannend zu sehen sein, wie sich die Neymar-Thematik vor dem Hintergrund des Financial Fairplay noch entwickeln wird. PSG müsste in den kommenden drei Jahren aufzeigen, dass man keine Verluste jenseits der angesprochenen 30-Millionen-Obergrenze hinnehmen musste, um den Sanktionsmaßnahmen seitens der FKKK zu entgehen. Ein Unterfangen, das schlicht und ergreifend unmöglich erscheint – selbst wenn die Ablöse durch Neymar selbst getragen wird. Denn zusätzlich stehen für den Brasilianer ja auch noch allein die jährlichen Gehaltszahlungen in Höhe von rund 30 Millionen Euro netto aus. Helfen könnten zumindest einige anvisierte Verkäufe in diesem Sommer.

Möchte die UEFA ihr Gesicht wahren, muss die Finanzkontrollkammer künftig härter durchgreifen. Gegebenenfalls sollte man Zusatzregularien in das Financial Fairplay einfließen lassen, nach denen ein Deal der Größenordnung Neymar nicht mehr ohne weitere Probleme und vor allem Hintertürchen vonstatten gehen kann. Denn eines ist klar: Gemäß den aktuellen Regeln lachen sich investorengeführte Vereine wie Manchester City, Paris St. Germain und Co. ins Fäustchen und werden immer einen Weg finden, Verstößen gegen das Financial Fairplay auszuweichen.

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