Deutschlands Außenverteidiger: Von der Problemzone zum Prunkstück

von Lukas Hörster
3 min.
Jonas Hector und Joshua Kimmich wollen auch in Hannover glänzen @Maxppp

Noch bei der WM 2014 bestand die Viererkette der deutschen Nationalmannschaft ausschließlich aus gelernten Innenverteidigern. Mittlerweile sorgt ein Flügel-Duo für mächtig Dampf nach vorne – und macht aus dem einstigen Sorgenkind eine echte Waffe.

Es war der 21. Juni dieses Jahres, als Joachim Löw sich und die Spielweise der deutschen Nationalmannschaft neu erfand. Die EM-Vorrundenpartie Nummer drei gegen Nordirland stand auf dem Programm. Von den Briten wusste man, dass sie besonders tief stehend verteidigen und nahezu ein Bollwerk um den eigenen Strafraum errichten werden.

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Dass man ein solches nicht nur durch individuelle Qualität knacken kann, erkannte der Bundestrainer im Vorfeld der Partie. Fulminantes Flügelspiel und viele Flanken sollten der Weg zum Erfolg sein. Dafür brachte er statt des gelernten Innenverteidigers Benedikt Höwedes den polyvalenten Joshua Kimmich auf der Rechtsverteidigerposition und Strafraumstürmer Mario Gómez in vorderster Front – mit Erfolg.

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Das Spiel verkam zum Einbahnstraßen-Fußball aus Sicht der deutschen Mannschaft. Gómez erzielte das einzige Tor des Tages, ein höherer Sieg wäre jedoch mehr als verdient gewesen. Zum Mann des Spiels wurde in den Medien aber glasklar Kimmich erklärt, der unaufhörlich nach vorne schob und das Flügelspiel merklich belebte. Starke neun Flanken schlug der Youngster des FC Bayern in diesem Spiel.

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Kimmich schon unersetzbar

Mittlerweile darf sich der 21-Jährige getrost Stammspieler der Nationalmannschaft nennen. Zwar kommt er bei den Münchenern meist im zentralen Mittelfeld zum Zug – für Löw ist er aber rechts hinten beinahe alternativlos. Seit dem 1:0 gegen Nordirland bestritt Kimmich sämtliche acht Länderspiele über die volle Distanz – so auch beim jüngsten 3:0-Erfolg in der WM-Qualifikation über Tschechien, als er ebenso wie sein Pendant auf der linken Seite, Jonas Hector, einen Treffer auflegte.

Beide waren in dieser Partie ständig auf dem Weg nach vorne – trotz Angriffspressings des Gegners. Dem deutschen Spiel verhelfen die beiden somit zu ungeahntem Schwung und neuer Breite, die es beispielsweise Thomas Müller ermöglicht, sich vom rechten Flügel aus wieder mehr ins Zentrum zu orientieren. Mit Jérôme Boateng und Mats Hummels in der Innenverteidigung und Toni Kroos auf der Sechserposition sind hinreichend ballsichere Spieler vorhanden, sodass sich das Außenverteidiger-Duo aus dem Spielaufbau ausklinken und für die gefürchteten Diagonalbälle des Trios in Position bringen kann.

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Lahmende Flügel bei der WM

Ein Modell, das erst während der EM in dieser Form umgesetzt wurde. Zwar verfügte man über Jahre in Philipp Lahm über den wohl besten Außenverteidiger überhaupt – allerdings ist der Ex-Kapitän ein Spieler, der durch viele Ballkontakte, häufig noch in der eigenen Hälfte, versucht das Spiel mit aufzubauen. Spätestens mit der Versetzung Lahms ins defensive Mittelfeld wurde die Außenverteidigung aber zur Problemzone im deutschen Team erklärt. Bei der WM 2014 verteidigten zunächst die Innenverteidiger Boateng und Höwedes die Außenbahnen – Impulse nach vorne blieben somit häufig aus.

Als Reaktion darauf berief Löw im November 2014 erstmals Jonas Hector. Starke Leistungen in der Bundesliga hatten den Spätzünder für das Nationalteam qualifiziert. Seit seinem Debüt gegen Gibraltar verpasste der Kölner nur eines von 24 Länderspielen. Bereits fünf Torvorlagen sammelte der 26-Jährige im DFB-Dress. Über seine Seite läuft das DFB-Spiel besonders fluide. Gegen Tschechien überlagerte die deutsche Mannschaft die linke Außenbahn merklich, sodass der ballsichere, aber nicht als Dribbler bekannte Hector stets mehrere Kombinationsmöglichkeiten vorfand.

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Aus der Not wird eine Tugend

Der etwas antrittsstärkere Kimmich hingegen durfte die rechte Bahn nahezu im Alleingang beackern, so dass scharfe Hereingaben zur Tagesordnung gehörten. Durch den verletzungsbedingten Gómez-Ausfall fehlte für diese aber häufig der Abnehmer. Sein Ersatz Mario Götze half dafür dabei, die Ballzirkulation flüssiger zu gestalten.

Am heutigen Dienstagabend geht es in der WM-Quali gegen Nordirland – wie bereits bei besagtem Match am 21. Juni im Pariser Prinzenpark. Seit dieser Partie gestaltet sich die Ausrichtung des DFB-Teams wesentlich offensiver. Joachim Löw hat erkannt, welch immensen Wert hochstehende Außenverteidiger für das Spiel seiner Mannschaft haben können. Man kann sagen, dass der Bundestrainer aus der Not eine Tugend oder einfach aus der Problemzone das Prunkstück der Nationalmannschaft gemacht hat – Joshua Kimmich und Jonas Hector sei Dank.

Info: Ab etwa 19:45 findet ihr bei FT die Aufstellung der deutschen Mannschaft. Nach dem Spiel gibt’s wie gewohnt die Einzelkritik für alle deutschen Spieler.

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