Interview mit Yaya Touré: „Rassismus ist ein Problem der Erziehung“

von Tobias Feldhoff
5 min.
Wusste seine Chance zu nutzen: Yaya Touré @Maxppp

Nach mäßigem Saisonstart liegt Manchester City in der Premier League auf Platz drei, in der Champions League droht einmal mehr das Vorrundenaus. Herbe Kritik der englischen Presse musste vor allem Yaya Touré einstecken. Über das Lästern der Medien, den anhaltenden Misserfolg im Europapokal und seine Aufgabe als Repräsentant des afrikanischen Fußballs sprach der Ivorer mit FussballTransfers.

FussballTransfers.com: Seit Beginn der Saison sind Sie starker Kritik ausgesetzt. Wie erklären Sie sich das und wie läuft der Saisonstart?

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Yaya Touré: Es ist wahr, dass einige Medien in einer gewissen Zeit nicht sehr freundlich mit mir umgehen, aber das lässt sich leicht erklären. Vergleicht man das Saisonende im vergangenen Jahr mit dem Beginn, dann war ich einfach weniger effizient. Ich will in jedem Spiel besser werden. Für mich zeichnet das große Spieler aus. Und am Ende der Saison möchte ich deshalb besser sein als zu Beginn, so Gott will.

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Es gibt viele Informationen zu Ihren Spielen. Einige Statistiken zeigen, dass Sie nicht so effektiv sind wie letztes Jahr. Macht sie die anhaltende Kritik traurig?

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Wir hatten zu Beginn der Saison Schwierigkeiten, aber nichts Katastrophales. Wenn man Meister in England ist, erwarten die Leute natürlich mehr als von einem Klub, der in der Mitte gelandet ist. Klar ist, dass wir nicht so oft gewinnen wie letzte Saison. Die Gründe sind vielfältig, aber die Medien suchen sie gerne bei meiner Person. Sind meine Statistiken wirklich so schlecht? Ich bin mir nicht sicher. Immerhin bin ich ein Mittelfeldspieler. Bin ich außer Form? Wie ich sagte: Ich will mich in jedem Spiel verbessern. Mein Barometer sind die Fans, nicht die Experten, die Sonntags eine wenig professionelle Analyse machen.

Dass Sie wichtig bei City sind, haben Sie hinlänglich bewiesen. Wie erklären Sie sich diese Diskussion über Sie?

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Wissen Sie, heute ist doch jeder ein Fußball-Experte. Jetzt ist nicht die Zeit, um meine Bilanz bei City zu ziehen. Ich habe meine Geschichte mit diesem Klub noch nicht zu Ende geschrieben. Für einige habe ich schon alles bewiesen, für andere habe ich nicht genug gezeigt. Manche Zeitungen berichten, dass ich noch nicht nachgewiesen habe, meinen Platz zu verdienen. Ich bin defensiver Mittelfeldspieler und werde beschuldigt, nicht genug Tore zu schießen. Vor kurzem wurde ich dann kritisiert, nicht gut zu verteidigen. Erklären Sie mir, warum.

Gehört es zu Ihrem Ansporn, den Kritikern das Gegenteil zu beweisen?

Wie ich sagte, mein Barometer ist nicht die Kritik oder die Menschen, die unreflektiert und subjektiv Kommentare abgeben. Sie ignorieren sogar meinen Champions League-Titel mit Barcelona oder meine Rolle als Torschütze vergangene Saison. Ausschlaggebend für mich sind einzig die Fans. Sie sind der Grund, alles zu geben.

In der Champions League ist die Ausgangslage kompliziert für City. Wie erklären Sie sich, dass der Klub trotz großer finanzieller Anstrengungen in Europa schon seit Jahren nicht den gewünschten Ertrag erzielt?

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Ich starte gerade in meine fünfte Saison bei City. Fünf Jahre voller Herausforderungen, von denen wir die meisten aufgrund toller Arbeit gemeistert haben. City ist inzwischen ein Klub, der in Europa einen festen Platz hat, wenn alles zusammenpasst. Die Herausforderung, die bleibt, ist der europäische Wettbewerb. Ich hätte schon daran zu knabbern, wenn ich den Klub eines Tages verlassen würde, ohne einen internationalen Titel gewonnen zu haben. Die Fans verdienen es.

Was denken Sie von Sergio Agüero, dessen Statistiken herausragend sind? Manche sagen, er sei besser als Messi und Ronaldo. Sie haben mit Messi gespielt, was denken Sie?

Sergio ist ein fantastischer Stürmer. Der schlimmste Albtraum englischer Verteidiger meiner Meinung nach. Wer besser ist? Das ist ein argentinisch-argentinisches Problem. Da fragen Sie besser meinen Teamkollegen Zabaleta (lacht).

Rassismus-Problematik: Touré spricht Klartext

Die meisten afrikanischen Teams haben bei der WM die Ziele verfehlt. Wie erklären Sie sich das?

Das Problem afrikanischer Mannschaften ist darin begründet, dass wir keine starke Liga auf dem Kontinent haben. Bei der WM treffen wir auf Teams, deren Spieler zu großen Teilen in den südamerikanischen oder europäischen Teams spielen. Bei den Afrikanern sind hingegen nur einige wenige Weltklasse-Spieler. Vergleicht man beispielsweise Argentinien mit Ghana oder die Niederlande mit Nigeria, stellt man große Unterschiede fest. Es ist wichtig, in Afrika die Ligen zu entwickeln, sie dynamischer zu machen.

Im April sagten Sie, dass Sie von den Medien oder bei Preisverleihungen weniger beachtet werden, weil Sie Afrikaner sind. Was ist Ihrer Meinung nach der Hintergrund?

Es ist eine Schande, dass die FIFA im Jahr 2014 Stadien wegen Rassismus schließen musste. Ich denke, Rassismus ist ein Problem der Erziehung. Abgesehen von der notwendigen Bestrafung muss man die Leute erziehen, ihnen Toleranz und Respekt für andere beibringen. Der Fußball kann viel erreichen. Wir müssen die Stimme der Stummen sein. Mit der Hilfe unserer Institution müssen wir Toleranz vermitteln.

Fühlen Sie sich verantwortlich dafür, den afrikanischen Fußball und die Afrikaner zu repräsentieren und vor Diskriminierung zu schützen?

Natürlich! Es ist wichtig, für die Menschen einzustehen. Wenn ich über Diskriminierung spreche, dann rede ich nicht nur für mich selbst, sondern für all diejenigen, die es wegen ihrer Herkunft schwer haben im Leben, nicht nur im Fußball. Es ist wichtig, Afrika positiv zu vertreten, ein Kontinent mit vielen Ressourcen. Vor mir haben dies Legenden wie Abedi Pelé, George Weah oder Salif Keita gemacht. Sie haben uns tolle Beispiele gegeben, denen wir folgten sollten.

Denken Sie, es gibt außer Ihnen Spieler, die das Potenzial haben, um eines Tages eine Chance auf den Ballon d'Or zu haben? Brahimi, Feghouli, Bony oder andere?

Ich bin mir sicher, dass nach mir andere Brüder der Stolz dieses Kontinents sein können. Wenn ich bei der Nationalmannschaft ankomme, bin ich umgeben von vielen jungen Spielern mit unglaublichem Potenzial. Ich glaube an sie. Ich verfolge sehr genau die Entwicklung junger Afrikaner, speziell natürlich der Ivorer. Und ich bin sehr stolz auf sie. Bony macht Swansea glücklich. Er hat schon vier Ligatore erzielt. Und Doumbia (ZSKA Moskau, Anm. d. Red.) hat gegen uns in der Champions League getroffen, weswegen wir ausscheiden könnten (lacht). Gervinho blüht bei der Roma richtig auf. Es gibt viele andere... zum Beispiel den Senegalesen Sakho, der uns mit West Ham (beim 1:2 traf Sakho zum 0:2, Anm. d. Red.) vor kurzem zerstört hat. Ich denke, die Zukunft ist gesichert.

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