Hertha-Vorstellung: Dárdai & die Angst vor Alligatoren
Pál Dárdai ist der neue Cheftrainer von Hertha BSC – und das zum zweiten Mal. Auf seiner Antrittspressekonferenz stand der 44-Jährige mit offenen Worten Rede und Antwort.

Knapp 150 Millionen Euro gab Hertha BSC in den vergangenen beiden Transferperioden aus. Dass der Klub trotz des teuren Kaders nur auf Platz 14 steht, wurde Trainer Bruno Labbadia letztendlich zum Verhängnis. Als Retter haben die Berliner ausgerechnet Pál Dárdai auserkoren, der zwischen 2015 und 2019 die Mannschaft schon einmal angeleitet hatte, dann aber entlassen wurde.
Auch für den 44-Jährigen kam das überraschend. „Es war nicht meine Absicht, Trainer zu werden. Als der Anruf kam, wusste ich nicht, was ich tun sollte“, so der Ungar, der bis zum gestrigen Montag noch Trainer der Hertha-U16 war auf seiner Antrittspressekonferenz, „aber wenn man schon bei Hertha BSC angestellt ist, dann sagt man ‚ja‘ zu so etwas.“
Dárdai führte aus: „Ich habe ein sehr positives Gespräch mit Arne (Friedrich, Sportdirektor, Anm. d. Red.) geführt, musste dann darüber nachdenken und habe zugesagt.“
Langfristige Zukunft unklar
Sein neuer Vertrag als Cheftrainer der Berliner läuft bis 2022. Dass er diesen erfüllen wird, ist für Dárdai nicht in Stein gemeißelt: „Soweit will ich nicht denken. Bis zum Sommer will ich einen guten Job machen und dann werden wir schauen. Es muss auch mir Spaß machen.“
Zumal Dárdai auch weiß, dass Trainer bei der Alten Dame eine recht kurze Halbwertszeit haben können: „Im Training heute habe ich keine Individualisten gesehen. Es war besser als ich gedacht habe. Ich habe vorher nicht geschlafen, weil ich dachte, hier sind 20 Alligatoren, die mich auffressen. Denn die anderen Trainer haben sie aufgefressen.“
Damit die Alligatoren auch in Zukunft nicht zuschnappen, will der 44-Jährige einige Dinge ändern: „Es ist eine Stresssituation. Die Jungs sind daran nicht gewöhnt, sie wollten hier eigentlich Champions League spielen. Dieser Stress muss sich lösen. Es ist meine Aufgabe, die Mannschaft zusammenzuschweißen. Aber es ist eine schwierige Aufgabe.“
Mangelnde Vorbereitung
Vor allem der Zeitpunkt seines Amtsantritts bereitet Dárdai sorgen, wie er offen zugab: „Ich habe mir eigentlich geschworen, nie einen Job mitten in der Saison zu übernehmen. Die ersten zwei drei Spiele sind immer Glückssache. Mein Problem ist, dass ich keine Vorbereitung habe.“
Apropos Probleme: Die könnten auch unter dem NeutrainerIndividualisten im Hertha-Kader werden, die nicht im Sinne der Mannschaft denken. „Bei mir haben die Spieler klare Aufgaben. Von der Handlungsschnelligkeit und der Technik her ist die Mannschaft gut, aber nur davon lebt der Fußball nicht“, so Dárdai, „es geht auch um Mentalität, Energie und Dynamik. Wenn du den Ball verlierst, musst du bereit sein, ihn zurückzuholen.“
Offene Transfer-Frage
Ob dem Coach zur Unterstützung neue Spieler zur Verfügung gestellt werden, ist offen. „Wir haben im Sommer gute Spieler geholt, aber natürlich fehlt uns etwas die Hierarchie und eine feste Achse. Wir haben Vertrauen in den Kader aber er steckt noch in den Kinderschuhen“, erklärte Sportdirektor Friedrich, „über den Transfermarkt wird viel diskutiert, aber er bleibt kompliziert. Wir werden nur Dinge tun, die Sinn ergeben. Wir brauchen Spieler, die uns sofort helfen. Wenn das nicht klappt, werden wir ruhig bleiben.“
Auch ohne Neue wird Dárdai aber wohl Optimist bleiben. „Nach dem ersten Training bin ich von der Mannschaft und der Stimmung positiv überrascht“, so der Ungar. Was seine persönlichen Ziele für das nächste halbe Jahr betrifft, gibt er sich bescheiden: „Ich wünsche mir, dass am Ende der Saison alle sagen ‚Gut gemacht, Pál.‘“ Angesichts der aktuellen Krise sollte das zu schaffen sein.
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