FT-Spieleranalyse: Das Bundesligadebüt von Ousmane Dembélé
Mit einem 2:1-Sieg gegen den FSV Mainz 05 ist Borussia Dortmund in die Saison gestartet. Neuzugang Ousmane Dembélé stand über die vollen 90 Minuten auf dem Platz. Es war das Bundesligadebüt des Franzosen. FT hat das neueste Juwel des BVB genau unter die Lupe genommen und seine Leistung analysiert.

Die ersten fünf Minuten im Spiel von Borussia Dortmund gegen den FSV Mainz 05 am ersten Spieltag der neuen Bundesligasaison fassen die Leistung von Neuzugang Ousmane Dembélé perfekt zusammen. Kurz nach Anpfiff kommt der junge Franzose an der rechten Außenbahn an den Ball, schmeißt sofort den Turbo an, zieht unwiderstehlich am ersten Verteidiger vorbei, lässt auch den zweiten stehen – und verliert dann den Ball. Wenige Minuten später geht er nach einer abgewehrten Mainzer Flanke derart ungeschickt gegen Karim Onisiwo in den Zweikampf, dass Schiedsrichter Robert Hartmann gar keine andere Chance hat, als auf Freistoß für die Gäste in aussichtsreicher Position zu entscheiden.
Tempodribbler der Extraklasse
Es ist diese Kombination von Licht und Schatten, die das Bundesligadebüt von Dembélé prägen sollte. Offensiv ist der 19-Jährige von Beginn an ins Spiel des BVB integriert. Im Spielaufbau besetzt Dembélé die rechte Außenbahn, klebt nahezu an der Seitenauslinie. Wenn er dann den Ball bekommt, denkt er nicht zweimal nach. Seine Lösung heißt Dribbling. Er weiß, dass er schneller ist als Gegenspieler Daniel Brosinski. Aus diesem Grund verzichtet Dembélé auch auf Kabinettstücken wie Übersteiger oder ähnliche Finten. Im Spiel gegen die 05er hat er es schlichtweg nicht nötig, auch wenn immer wieder deutlich wird, dass er technisch dazu fähig wäre, für die Galerie zu spielen. Es reicht, wenn er den Ball – am besten direkt – am Gegenspieler vorbei legt. Antritt und Schnelligkeit erledigen den Rest.
Schnell wird offensichtlich, dass Brosinski mit dem Antritt des Franzosen überfordert ist. Schon bald kommt Linksaußen Karim Onisiwo dem Linksverteidiger immer öfter zur Hilfe, doch auch gegen zwei Gegenspieler setzt sich Dembélé durch (20.). Es sind diese technischen und körperlichen Fähigkeiten, die schnell deutlich machen, dass er das Potenzial zu einem großen Spieler hat. Bis er soweit ist, hat der Youngster jedoch noch einen weiten Weg zu gehen, wie er auch gegen die 05er offenbart. Ungeachtet der Spielsituation entscheidet er sich immer wieder fürs Dribbling. Trotz zahlreicher Ballkontakte dauert es bis zur 19. Minute, bis Dembélé zum ersten Mal einen Pass dem Dribbling vorzieht. Diesen spielt er per Direktabnahme jedoch so schlampig, dass sein Mitspieler ihn nicht richtig verwerten kann. Es scheint momentan, als kenne Dembélé bisher nur ein Tempo: Vollgas. Das ist jedoch nicht immer notwendig und führt im Spiel gegen die 05er häufig zu Ballverlusten.
An diesem Bereich seines Spiels muss er noch arbeiten. Wenn der 19-Jährige ins Dribbling geht, will er meist zu viel. Entweder rennt er sich gegen mehrere Gegner fest (39.) oder verliert in der Hektik die Übersicht und spielt einen ungenauen Pass (11.). Kurioserweise offenbart er auch in Situationen Schwächen im Passspiel, in denen er nicht dem Druck eines Gegenspielers ausgesetzt ist. Nicht nur einmal verschafft sich Dembélé mit einem guten Dribbling Platz, nur um den Angriff dann mit einem schlampigen Zuspiel zunichte zu machen (41., 54.). Es scheint, dass dem Franzosen in diesen Fällen die Konzentration abhanden kommt, denn eigentlich besitzt er die nötige Feinmotorik, um Pässe zielsicher an den Mann zu bringen. So geschehen in der 16. Minute, als er per Lupfer Kagawa freispielt, der dann den Ball jedoch nicht kontrollieren kann.
Defensive Defizite
Neben den Schwächen im Passspiel ging Dembélé gegen Mainz auch etwas der Zug zum Tor ab. In der Ligue 1 traf er in der vergangenen Spielzeit zwölfmal, gegen die 05er kommt er auf lediglich einen Torschuss, der zudem geblockt wird. Das größte Problem im Spiel des 19-Jährigen ist jedoch ein anderes: Die Defensivarbeit. Es ist nicht so, dass Dembélé schlicht Probleme im Defensivzweikampf hat. Im Gegenteil: In der 22. Minute rast er auf den freistehenden Brosinski zu, der gerade im Begriff ist, den Ball unter Kontrolle zu bringen. Mit seiner Geschwindigkeit ist er schnell beim Gegenspieler und stellt ihn geschickt, sodass Brosinski nicht ins Dribbling übergehen kann. Soweit so gut, problematisch ist schlicht und einfach, dass der Mainzer nie in diese Situation hätte kommen dürfen. BVB-Rechtsverteidiger Felix Passlack ist eingerückt, es liegt in Dembélés Verantwortung, bei Brosinski zu bleiben. Stattdessen lässt er ihn ziehen.
Sei es nun mangelndes defensivtaktisches Verständnis oder fehlendes Engagement: Die nur selten vorhandene Unterstützung Dembélés bringt Passlack das ein oder andere Mal in Bedrängnis (30.). Der BVB hat Glück, dass die 05er die Isolation des jungen Rechtsverteidigers nicht besser für sich nutzen kann. Auch Trainer Thomas Tuchel erkennt die defensiven Lücken auf der rechten Seite und stellt ab der 60. Minute um. André Schürrle und Dembélé tauschen die Position. Der erfahrene Schürrle schafft es tatsächlich, Passlack zu entlasten, doch nun ist fortan die linke Seite der Dortmunder anfällig für Mainzer Angriffe. So kommt es nicht von ungefähr, dass der 2:1-Anschlusstreffer über diese Außenbahn fällt (90.+2). Zunächst setzt Dembélé den aufgerückten Guilio Donati nicht unter Druck, dann setzt er nur halbherzig gegen den flankenden Pablo De Blasis nach, der schlussendlich das Tor von Yoshinori Muto vorbereitet.
Auch offensiv fehlt Dembélé auf der linken Seite zunehmend die Durchschlagskraft. Dem Franzosen gefällt es offenbar besser, die Seitenlinie entlang zu marschieren, anstatt in die Mitte zu ziehen. Zwar probierte er immer wieder, auf diese Art gefährlich zu werden, doch fehlt seinen Dribblings die Dynamik, die sie in der ersten Hälfte noch auszeichnete. Außerdem zeigt Dembélé nach seiner Versetzung auf die linke Seite die Tendenz, trotzdem weiter mit dem rechten Fuß zu dribbeln. Beim Versuch in Richtung Grundlinie zu ziehen, ist es seinen Gegenspielern so ein Leichtes, ihm den Ball abzunehmen (63.).
Fazit – Stärken
Auch wenn in der Offensive für Dembélé noch nicht alles rund läuft, ist offensichtlich, über welche überragenden Anlagen der 19-Jährige verfügt. Anlagen, die in der Bundesliga ihresgleichen suchen. Dembélé ist sowohl auf den ersten Metern als auch im Sprint pfeilschnell und wird damit nahezu jeden Bundesligaverteidiger vor Probleme stellen. Gleichzeitig verfügt der Franzose über eine starke Technik und Ballbehandlung. Bei seinen Tempodribblings bekommt man stets den Eindruck, dass er volle Kontrolle über den Ball hat.
Fazit – Schwächen
Dembélé plagen dieselben Probleme, mit denen viele junge Spieler zu kämpfen haben. Oftmals fehlt ihm das Verständnis für die Spielsituation. Seine Dribblings erscheinen trotz technischer Finesse etwas kopflos und das Gefühl dafür, wann er das Tempo seiner Aktionen drosseln sollte, fehlt noch. Zudem zeigt er in der Abwehrarbeit Defizite. Ob es sich hierbei um taktische Mängel oder fehlendes Engagement handelt, wird die Zukunft zeigen. Gegen noch spielstärkere Gegner als die Mainzer wird er es so aber schwer haben, sich für einen Platz in der ersten Elf zu empfehlen.
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