Kommentar: Der Reiz des Pokals – Heimrecht für den Außenseiter

von Lukas Heimbach
2 min.
Der 1. FC Kaiserslautern muss im DFB-Pokal zum FC Bayern München reisen @Maxppp

Der Pokal hat seine eigenen Gesetze. Jahr für Jahr müssen die Großen der Szene völlig unerwartet gegen die vermeintlichen Außenseiter die Segel streichen. Jubel-Arien bei den Underdogs, lange Gesichter bei den Bundesliga-Stars. Im Viertelfinale kegelte der 1. FC Kaiserslautern (auswärts) Bayer Leverkusen raus. Am heutigen Mittwochabend geht es in die Allianaz Arena zum Halbfinale gegen das Starsensemble des FC Bayern. Dabei stellt sich die Frage: Warum hat der Zweitligist kein Heimrecht?

Nach 120 Minuten Pokalfight war es amtlich: Champions League-Teilnehmer Bayer Leverkusen unterlag dem Zweitliga-Spitzenteam 1. FC Kaiserslautern vor heimischer Kulisse mit 0:1. Völlig verdient zog das Team, das über die gesamte Spielzeit mit mehr Herz bei der Sache war, ins Halbfinale ein. Jubelstürme in der BayArena. Im Gästeblock taumelten, hüpften und feierten die Fans der Pfälzer freudes- und biertrunken. Man träumte von Berlin und von Europa. In der Mixed-Zone bekamen die euphorisierten Spieler der ‚Roten Teufel‘ das Grinsen kaum aus dem Gesicht und fieberten der Auslosung entgegen.

Unter der Anzeige geht's weiter

Rund eineinhalb Stunden später dann Ernüchterung. Die Auslosung ergab, dass es gegen den FC Bayern geht – und das auch noch auswärts. Nach menschlichem Ermessen das fast sichere Ausscheiden. Nun kann man dem entgegensetzen, dass der FCK doch auch in Leverkusen gewonnen hat. Warum also sollte den Pfälzern nicht auch gegen die Münchner der ganz große Wurf gelingen?

Lese-Tipp FC Bayern: Rückschläge für Sané & Gnabry

Der Reiz des Favoritensterbens

Das eigentliche Dilemma an der Auslosung ist nicht, dass die Lauterer als einzige unterklassige Mannschaft gegen den deutschen Rekordmeister ran müssen, sondern dass sie auswärts in der Allianz-Arena antreten müssen. Welchen Sinn ergibt das Heimrecht des Bundesligisten? Den eigentlichen Reiz des Wettbewerbs macht doch die Aussicht darauf aus, dass der Underdog den haushohen Favoriten aus dem Wettbewerb kegelt – wenngleich es die Fans der vermeintlich großen Teams anders sehen mögen.

Zwar sichern die Regularien des DFB-Pokals das Heimrecht für Drittligisten sowie alle Amateurvereine zu, dennoch reicht diese Richtlinie nicht weit genug. Auch Zweitligisten sollten gegen Erstligisten immer Heimrecht genießen. Schließlich ist es nicht die Aussicht auf das sportlich lukrativste Finale, die den Wettbewerb für Fußballdeutschland attraktiv macht, sondern die Chance, dass der kleine David den großen Goliath schlägt. Erst die Aussicht auf ein mögliches Favoritensterben sorgt für den verführerischen Sex-Appeal des Pokals.

Unter der Anzeige geht's weiter

Und vor heimischem Publikum sind die Chancen für unterklassige Teams ganz einfach größer. Die Heimstätten avancieren häufig zu wahren Hexenkesseln und der Underdog wird von der aufgeheizten Atmosphäre getragen. DFB-Pokal ist nicht Champions League. Hier zählt vor allem grätschen, rennen, kämpfen. Die absolute Hingabe bis hin zur völligen Erschöpfung. Schließlich hat der Pokal seine eigenen Gesetze – wenngleich die TV-Sender sicherlich ein Finale FC Bayern gegen Borussia Dortmund präferieren. Einschaltquote regiert die Welt.

Komisch, betrachtet man die Halbfinal-Auslosung rückblickend. In diesem Sinne stehen 50 Prozent der Wunsch-Finalisten schon in Berlin, „aber die halbe Miete ist das noch lange nicht“, wie uns Rudi Völler einst weise lehrte.

Unter der Anzeige geht's weiter

Aufgrund dessen und angesichts der Tatsache, dass der Pokal meist dann am schönsten ist, wenn er zum Wettbewerb der ‚Kleinen‘ avanciert, sollte der DFB ab der kommenden Saison für alle unterklassigen Teams das Heimrecht einführen.

Unter der Anzeige geht's weiter

Nachrichten

Unter der Anzeige geht's weiter