Marco Terrazzino im FT-Interview: „Meine Karriere geht jetzt erst richtig los“

von Tristan Bernert
7 min.
Marco Terrazzino muss auf seine Chance bei der TSG Hoffenheim warten @Maxppp

Marco Terrazzino war das erste Eigengewächs, das für die TSG Hoffenheim in der Bundesliga auf dem Platz stand. 2009 wurde er mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet. Der Durchbruch gelang ihm jedoch nicht. Nun ist der mittlerweile 25-Jährige zu seinem Heimatverein zurückgekehrt. Mit FT spricht er über den steinigen Weg vom Talent zum Profi, Unterschiede zwischen Peter Neururer und Julian Nagelsmann sowie seine Erwartungen an die kommende Saison.

Herr Terrazzino, nach Ihrer Verpflichtung war zu lesen, dass der verlorene Sohn nach Hoffenheim zurückgekehrt ist. Ist die TSG mehr als nur ein Klub für Sie?

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Marco Terrazzino: Ja klar, für mich hat hier alles angefangen. Ich habe in der Jugend hier tolle Erfolge gefeiert, bin Deutscher Meister und DFB Pokal-Sieger geworden und habe meine ersten Bundesliga-Spiele hier absolviert. Deswegen war es für mich auch etwas Besonderes, wieder hierhin zurückzukehren. Ich kenne die Region, komme aus Mannheim, und natürlich ist es immer einfacher, wenn die Familie um einen ist. Deshalb habe ich mich umso mehr gefreut.

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Auch der FC Ingolstadt war an Ihnen interessiert. Für Sie war es dann aber keine schwierige Entscheidung, hierhin zurückzukehren?

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Ingolstadt war interessiert, aber die Entscheidung ist mir nicht schwer gefallen. Als es konkreter wurde, war ich froh, dass der Wechsel so schnell geklappt hat.

Nun sind Sie also als etablierter Profi nach Hoffenheim zurückgekommen. Was stimmt Sie optimistisch, dass es im zweiten Anlauf besser klappen wird?

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Ich denke, dass ich jetzt einfach genug Erfahrung gesammelt habe, um in der ersten Liga zu bestehen. Ich denke, dass ich mich vor allem in den vergangenen zwei Jahren gut entwickelt habe und war auch endlich einmal gesund. Ich habe jetzt die Fitness, die man braucht, um in der Bundesliga zu bestehen. Das gibt mir natürlich ein positives Gefühl. Außerdem denke ich, dass das System, mit dem wir hier spielen, gut zu mir passt.

Was hat sich seit Ihrem Abgang verändert?

Von den Räumlichkeiten ist im Großen und Ganzen alles gleich geblieben. Beim Personal hat sich natürlich einiges verändert. Die Stimmung ist super. Das Trainerteam und die Mannschaft sind echt top.

Wie haben Sie die Vorbereitung unter Julian Nagelsmann erlebt?

Am Anfang habe ich mich zwar etwas schwer getan und musste mich erst einmal an das hohe Tempo gewöhnen, aber ansonsten war alles sehr positiv.

War es zunächst komisch, unter einem so jungen Trainer zu arbeiten?

Sagen wir so: Es ist schon etwas Neues. Aber er schafft es trotz seines jungen Alters, die nötige Autorität auszustrahlen. Man merkt einfach, dass er sehr zielstrebig ist. Er hat eine klare Philosophie und ist total motiviert und das spüren wir jeden Tag. Es macht Spaß, unter ihm zu trainieren.

Wenn ihm etwas nicht passt, greift er also schon einmal hart durch?

Es kann auch mal laut werden, ja. (lacht)

Nagelsmann ist das, was gemeinhin als moderner Trainer bezeichnet wird. Nun haben Sie beim VfL Bochum auch noch unter Peter Neururer trainiert. Wie würden Sie die beiden vergleichen? Da müssen ja Welten aufeinander treffen?

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(lacht) Es ist schon was anderes. Unter Neururer haben wir klassischen Fußball gespielt. 4-4-2, tief stehen und abwarten. Unter Verbeek war es dann ähnlich wie unter Nagelsmann. Wir haben mit starkem Angriffspressing gespielt und wollten nach Ballgewinn schnell umschalten. Deswegen war es für mich auch nicht so schwierig, mich an Nagelsmanns Spielidee anzupassen.

Sie waren 2008/2009 das Aushängeschild der Hoffenheimer Jugendarbeit. Sie haben die Fritz-Walter-Medaille in Gold gewonnen. Der Hype war riesig. Warum hat es letztendlich nie für den großen Durchbruch bei 1899 gereicht?

Ich bin mit 16 Jahren nach Hoffenheim gewechselt. Davor habe ich quasi zusammen mit meinen Freunden beim VfL Neckerau gespielt. Dort hat alles gepasst. Wir hatten einen starken Jahrgang mit einem tollen Trainer, Stephan Groß. Dann sind wir zu siebt nach Hoffenheim gewechselt und hatten einfach das perfekte Jahr. Wir sind Deutscher Meister geworden und ich als Stürmer habe natürlich viele Tore geschossen und dadurch auf mich aufmerksam gemacht. Danach ging es mit dem Profisport dann sehr schnell. In meinem ersten Testspiel mit den Profis, es ging gegen Galatasaray, habe ich direkt ein Tor geschossen. Spätestens da war der Hype dann groß, nicht nur bei mir, sondern auch in ganz Hoffenheim, weil der Verein Herbstmeister geworden ist.

Man wollte vermehrt auf junge Spieler setzen, aber für mich kam es einfach zu früh. Ich war sowohl körperlich als auch vom Kopf her noch lange nicht so weit, dass ich im Profibereich hätte mithalten können. Klar hatte ich gute Ansätze, das Talent war da, aber viele haben Talent. Bei mir hat das Gesamtpaket damals einfach noch nicht gestimmt. Ich habe noch Zeit gebraucht. Es war für mich einfach zu viel und zu schnell, auch weil ich nebenbei noch eine Ausbildung gemacht habe.

Was hätten Sie anders machen müssen, um sich direkt und ohne den Umweg zweite Liga in Hoffenheim zu etablieren?

Ich muss zugeben, dass ich damals einfach noch nicht verstanden habe, was es heißt, Profi zu sein. Körperlich war ich einfach noch lange nicht auf dem Niveau, auf dem ich jetzt bin. Klar, jetzt bin ich 25, aber es gibt auch 19-Jährige, die eine überragende Fitness haben. Aber das hatte ich damals nicht. Ich hätte damals sicherlich noch mehr trainieren können, aber ich wusste einfach noch nicht, was das heißt. Dennoch denke ich, dass es irgendwo Schicksal war, dass ich einfach mehrere Stationen brauchte, um zu verstehen, worauf es im Profifußball ankommt. Ich bin froh, dass es noch geklappt hat.

Während Ihrer Zeit in Freiburg kamen Sie auch verletzungsbedingt in zwei Jahren auf nur acht Bundesligasätze. Hätten Sie im Sommer 2014 gedacht, dass Sie noch einmal in die Position kommen, in der Sie heute sind?

Ehrlich gesagt, nein. Nach Freiburg war es für mich wirklich sehr schwierig. Es gab da Momente, in denen ich mich gefragt habe, ob der Profisport das Richtige für mich ist und ob ich es nie schaffen werde, mich durchzusetzen. Mein Körper hat nicht mitgespielt und es hat generell einfach nicht gepasst. Deshalb bin ich froh, dass Bochum kam.

In Bochum haben Sie die bisher stärkste Zeit ihrer Karriere erlebt. Warum hat es beim VfL so viel besser funktioniert als bei Ihren anderen Stationen?

In Bochum habe ich verstanden, dass ich einfach noch mehr machen muss. Zunächst hatte ich aber Glück, dass Christian Hochstätter (Sportvorstand beim VfL, d. Red.) mich überhaupt verpflichtet hat und dass Gertjan Verbeek nach wenigen Monaten Trainer geworden ist. Die Art, wie er Fußball spielen lässt, hat einfach perfekt gepasst. Irgendwo habe ich mir das Glück dann aber auch erarbeitet. So nahmen die Dinge ihren Lauf.

Zurück zur jetzigen Saison. Auf Ihrer Position herrscht ein großer Konkurrenzkampf. Was sind Ihrer Meinung nach Ihre Stärken und was ist Ihre Lieblingsposition?

Wie gesagt, die Spielweise von Nagelsmann liegt mir einfach sehr gut. Ich kann schnell umschalten. Ich spiele gerne zwischen den Linien und mache auch die tiefen Laufwege. Ich kann gut abschließen. Allgemein liegt mir das Spiel im letzten Spielfelddrittel sehr gut. Ich will einfach zeigen, was ich kann und der Mannschaft damit helfen. Am liebsten spiele ich als Hängende Spitze. Aber auch auf der linken Außenbahn in einem 4-3-3 fühle ich mich wohl.

Im DFB-Pokal wurden Sie in der zweiten Halbzeit eingewechselt und konnten einen 6:0-Sieg einfahren. Was ist Ihr Fazit zum ersten Pflichtspiel nach der Rückkehr?

Es war ein ordentliches Debüt. Ich habe 25 Minuten Gas gegeben und habe zwei Scorer-Punkte gesammelt.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für die kommende Saison und was wollen Sie mit Hoffenheim noch erreichen?

Ich bin kein Typ, der sich langfristige Ziele setzt, das hat mich die Vergangenheit gelehrt. Ich will einfach immer Vollgas geben, professionell arbeiten und zuhören, wenn der Trainer etwas sagt. Dann denke ich, dass ich meine Chance hier bekommen werde und schöne offensive Akzente setzen kann. Ich bin nicht hierhin gekommen, um ein Lückenfüller zu sein. Ich sehe mich als echte Alternative und ruhe mich nicht darauf aus, dass ich einen Vertrag bei Hoffenheim unterschrieben habe. Für mich geht meine Karriere jetzt erst richtig los und ich will noch viele Spiele machen.

Welche Ziele haben Sie sich als Mannschaft gesetzt? Schielen Sie vielleicht sogar auf den europäischen Wettbewerb?

Ich denke, dass wir wenn überhaupt nur von den Medien mit Europa in Verbindung gebracht werden. Uns interessiert das nicht. Wir schauen einfach, dass wir die Leistung und das Gefühl der vergangenen Monate aufrechterhalten können. Klar würden wir gerne für eine Überraschung sorgen, aber da muss dann auch jeder mitziehen.

Frage von Twitter-User @alexis_M_29: Sehen Sie sich als Volland-Nachfolger?

Ich sehe mich definitiv nicht als Volland-Nachfolger. Ich komme aus der zweiten Liga und habe jetzt die ersten zwei ordentlichen Jahre meiner Karriere hinter mir, in denen ich auch verletzungsfrei geblieben bin. Ich bin ablösefrei hierhin gekommen und spüre überhaupt keinen Druck. Wenn überhaupt setze ich mich selbst unter Druck, weil ich Ansprüche an mich selbst habe.

Vielen Dank für das Interview und alles Gute, Marco Terrazzino.

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