Sparkurs bei Bayer: Zwischen Absturz und Europa

von Tristan Bernert
3 min.
Heiko Herrlich soll Bayer Leverkusen zurück nach Europa führen @Maxppp

Der Umbruch bei Bayer Leverkusen ist in vollem Gange. Einige Stars haben die Werkself bereits verlassen, mehr könnten folgen. Dennoch hielt sich der Klub auf dem Transfermarkt eher zurück. Ein riskantes Spiel, denn von einer weiteren Debakel-Saison wird sich der Klub nur schwer erholen können.

Der Profifußball ist ein gnadenloses Geschäft. Mit Glück verzeiht es den ersten Fehltritt, nach dem zweiten oder dritten ist es jedoch meist zu spät. Vor allem das plötzliche Ausbleiben des internationalen Geschäfts stellt eine Gefahr für die Klubs dar. Der Kader – zuvor jahrelang auf Dreifachbelastung ausgelegt – muss umgebaut werden. Wichtige Spieler verlassen den Verein, das Geld wird knapper.

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Wenn der aufgezwungene Umbruch nicht gelingt, droht der langfristige Absturz. Nicht zuletzt der Werdegang von Klubs wie dem SV Werder Bremen, der innerhalb kurzer Zeit vom regelmäßigen Champions League-Teilnehmer zum Abstiegskandidaten mutierte, illustrieren diese Gesetzmäßigkeit der Branche.

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In der vergangenen Saison leisteten sich vier Bundesligaklubs einen Fehltritt: Der FC Schalke 04, Borussia Mönchengladbach, der VfL Wolfsburg und Bayer Leverkusen. Das Quartett wurde zuletzt regelmäßig mit Europapokal-Teilnahmen verwöhnt. Aus unterschiedlichen Gründen klappte es dann in allen vier Fällen nicht mehr. Einen zweiten Patzer kann sich eigentlicher keiner leisten. Durch RB Leipzig, die TSG Hoffenheim und die beiden großen Aufsteiger VfB Stuttgart und Hannover 96 ist die Konkurrenzsituation in der Bundesliga wohl so groß wie noch nie.

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Leverkusens heikle Situation

Vor allem die Werkself steht am Scheideweg. Denn während die Traditionsvereine aus Gelsenkirchen und Gladbach allein schon aufgrund ihrer Fanbasis nach wie vor attraktive Adressen für namhafte Neuzugänge darstellen und die Wölfe mit dem VW-Konzern im Rücken mit Geld locken können, genießen die Leverkusener keine dieser Vorteile. Zwar versorgt auch die Bayer AG den Klub regelmäßig mit Geld (75 Millionen Euro verteilt auf drei Jahre), doch reicht dies in der Bundesliga maximal für einen Platz im oberen Budget-Mittelfeld.

In den vergangenen Jahren lockte man namhafte Neuzugänge vor allem mit der Aussicht auf die regelmäßige Teilnahme an der Champions League. Nun, da diese ausbleibt, ergreifen die Stars die Flucht. Chicharito, Ömer Toprak und Hakan Calhanoglu sind bereits weg. Kevin Kampl wäre es gerne, doch der Wechsel des 26-Jährigen zu seinem sportlichen Ziehvater Roger Schmidt nach China zerschlug sich. Bei einem entsprechenden Angebot wird Kampl Bayer trotzdem noch verlassen.

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Die Sparfüchse vom Rhein

Knapp 60 Millionen Euro nahm die Werkself so bereits ein. Erstaunlich ist, wie wenig der Klub mit all dem Geld bisher angestellt hat. Mit Dominik Kohr kehrte ein Eigengewächs für wenig Geld vom FC Augsburg zurück. Zudem wurde Sven Bender verpflichtet, der den Toprak-Abgang kompensieren soll, mit dem aufgrund seiner Verletzungshistorie aber kaum für 34 Spiele zu planen ist.

Für den Sturm sucht die Werkself noch einen neuen Mann. Zudem soll ein variabler Defensivspieler für die Breite des Kaders geholt werden. Ausschöpfen werden die Verantwortlichen ihr Tranfserbudget damit wohl nicht. Es ist ein riskantes, aber durchaus nachvollziehbares Spiel, das die Sportliche Leitung spielt. Schon in der vergangenen Saison verfügte die Werkself über enorme Qualität. Dass man letztendlich krachend unterging, lag nicht am Können der einzelnen Spieler sondern an der Funktionalität des Kollektivs.

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Mentalität ist Trumpf

Bayer fehlte der richtige Teamgeist. Nicht umsonst holte man mit Bender und Kohr zwei Spieler, die sich vor allem über ihre Einstellungen definieren und gab Chicharito ab, dem stets eine Außenseiterrolle im Mannschaftsgefüge zugesprochen wurde. Mentalität ist Trumpf, wie Heiko Herrlich nicht müde wird, zu betonen.

Nach einer unglücklichen Testspielleistung monierte der Neutrainer zuletzt: „Ein Sven Bender hat sich heute zum Beispiel nach zehn Minuten die Nase gebrochen und trotzdem bis zum Ende versucht, zu fighten. Dieses Gefühl hatte ich leider nicht von jedem Spieler.“ Genau dies ist es, was Herrlich ändern will.

Die zurückhaltende Einkaufspolitik der Sportlichen Leitung zeigt, dass man nach wie vor von der Qualität des Spielermaterials überzeugt ist. In Leverkusen geht es derzeit nicht darum, einen Wagen mit mehr PS zu bauen, sondern die vorhandenen PS auf den Rasen zu bringen. Sollte dieser Plan aufgehen, könnte die Werkself in kurzer Zeit nach Europa zurückkehren. Sollte er scheitern, droht dem Klub der nachhaltige Absturz. Der Profifußball ist schließlich ein gnadenloses Geschäft

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