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Berater Özek im FT-Interview: „Der Winter-Transfermarkt wird anders sein“

Auch der Transfermarkt stand im Jahr 2020 im Zeichen von Corona. Im Interview mit FT gewährt Berater Devin Özek von der Agentur Stars & Friends einen Blick hinter die Kulissen, erinnert sich an einen turbulenten Sommer-Transfermarkt und gewährt einen Ausblick Richtung Januar.

von Tristan Bernert - Quelle: FT-Exklusiv
5 min.
Berater Devin Özek spricht über den Winter-Transfermarkt @Maxppp

FT: Zu Beginn der Corona-Krise gingen die meisten Experten davon aus, dass der Sommer-Transfermarkt sehr ruhig werden würde. Letztendlich wurden trotzdem viele und vor allem teure Transfers eingetütet. Hat Sie das überrascht?

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Devin Özek: Ich kann verstehen, dass die Wahrnehmung so ist, ich habe das auch in meinem Umfeld gemerkt. Aber wenn man von England absieht, wurde in den anderen Ländern deutlich weniger Geld ausgegeben. Deutschland ist nur auf Platz fünf der internationalen Transferausgaben. Es wurden, glaube ich, 400 Millionen Euro weniger ausgegeben als im Jahr zuvor. Das ist erstaunlich. Auch in Frankreich, Spanien und Italien gab es Einschnitte. Natürlich wurden viele Gespräche geführt und es ist auch viel über die Bühne gegangen, aber alles etwas preiswerter, cleverer und kreativer als sonst.

Inwiefern kreativer?

Man musste Lösungen finden, ohne zu wissen, wie sich die Corona-Situation entwickelt. Man konnte finanziell nicht sicher planen, musste gut wirtschaften und schauen, dass man gute Spieler günstig bekommt. Und gleichzeitig für die eigenen Spieler den Preis erhalten, der ihrem Wert entspricht. Das war spannend in diesem Sommer. Es gab da verschiedene Möglichkeiten – zum Beispiel Verlängerung samt Leihe plus Kaufpflicht. Man hat sich mehr Gedanken gemacht, wie für alle Seiten eine gute Lösung erreicht werden kann. Ich denke, da wurde in Deutschland ein guter Job gemacht. Es ist erstaunlich, wie sich deutsche Klubs auf kreative Weise tatsächlich verstärkt haben.

Hat Sie ein Transfer besonders überrascht?

Überrascht nicht, man bekommt im Vorfeld ja meistens etwas mit oder hört etwas. Was mich eher verwundert hat, war, wie strikt die Vereine ihrer Linie treugeblieben sind. Trotz weniger Ausgaben konnten sich die deutschen Klubs verstärken. Das finde ich erstaunlich. Es wurde gute Arbeit geleistet aus meiner Sicht.

Gibt es aus Beratersicht einen Transfer des Sommers, bei dem ein Berater einen besonders guten Job gemacht hat?

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Den ein oder anderen Transfer gibt es da bestimmt, aber ich spreche ungerne über andere Berater.

Was macht aus Beratersicht einen guten und einen schlechten Transfer aus?

Du hast immer drei Parteien: Den aufnehmenden Verein, den abgebenden Verein und den Spieler samt Berater, die ich als eine Partei ansehe. Bei einem guten Transfer sind hinterher alle Parteien glücklich und es gibt keine Streitereien. Der Spieler ist glücklich mit seiner neuen sportlichen Perspektive, der abgebende Verein ist zufrieden mit der Arbeit des Beraters und der erzielten Ablösesumme und der aufnehmende Verein mit der Kommunikation und der Art, wie der Transfer über die Bühne ging. Bei einem schlechten Transfer ist hinterher keine Seite glücklich, das kann passieren, wenn die Seiten zum Beispiel unter Zeitdruck stehen. Grundsätzlich kann es aber bei jedem Transfer zu Differenzen kommen – wie überall im Leben, wenn sich Parteien trennen.

Wie hat sich die Corona-Krise hinter den Kulissen in der alltäglichen Arbeit eines Beraters bemerkbar gemacht?

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Im März und April, als die Fallzahlen so hoch waren wie jetzt, hat einen das schon eingeschränkt, weil persönliche Gespräche sehr wichtig sind in unserem Geschäft. Man musste kreative Lösungen finden. Im Sommer war es da etwas einfacher. Grundsätzlich war es so, dass alle Vereine zu günstigeren Preisen einkaufen wollten, gleichzeitig aber eher weniger bereit waren, Spieler weit unter Marktwert abzugeben. Das war ein Problem.

Nach dem Deadline Day hatte man den Eindruck, die Branche ist froh über eine Transfer-Pause. Wie erlebten Sie diese Zeit als Berater?

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Wir waren alle müde. Du stehst ständig unter Strom und Druck, weil du erfolgreich sein willst. Du musst sieben Tage die Woche erreichbar sein, führst viele Telefonate. Das ging über Monate so. Als dann alles vorbei war, habe ich mir erst einmal eine zweiwöchige Auszeit vom Fußball genommen, habe keine Spiele gesehen und mit niemandem gesprochen. Jetzt bin ich erholt und es geht wieder weiter.

Nimmt der Transfermarkt nun langsam wieder an Fahrt auf?

Langsam, ja. Die Corona-Problematik ist aber wieder sehr präsent. Reisen ist schwer, das macht die Sache nicht einfacher. Es geht langsam wieder los, aber es wird anders sein als sonst.

Wagen wir einen Ausblick: Wird es ein ruhiger oder ein geschäftiger Winter-Transfermarkt?

Auf dem Winter-Transfermarkt wird grundsätzlich eher reagiert – beispielsweise auf Verletzungen oder sportlichen Misserfolg. Im Sommer geht es geplanter zu, weil Vereine länger wissen, welche Verträge auslaufen, wo sie sich verstärken müssen oder wer gehen könnte. In diesem Winter könnte es nun aber auch ein Stück weit geplanter laufen als sonst, wenn Klubs versuchen, die Transfers umzusetzen, die im Sommer gescheitert sind. Wirklich abzusehen ist es noch nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass nicht ganz so viel passiert wie in den vergangenen Jahren.

Glauben Sie, dass das Fußball-Geschäft nach dem Ende der Corona-Krise nachhaltig anders sein wird?

Eine sehr spannende Frage, die ich aber kaum beantworten kann. Das wird auch davon abhängen, wie lange uns Corona noch verfolgt und wie die finanzielle Entwicklung bei den Klubs ist. Die Frage stelle ich mir selbst, telefoniere mit vielen Leuten darüber und höre mir deren Meinung an. Prognostizieren kann ich es aber nicht.

Zum Abschluss: Das Fußball-Geschäft produziert immer wieder kuriose Geschichten. Gab es in Ihrer Laufbahn als Berater einen solchen Fall?

Einmal war ich in Kontakt mit einer sehr großen Agentur aus den USA, die in mehreren Sportarten vertreten ist. Ich habe mit dem Geschäftsführer telefoniert und gefragt, ob er einen Spieler für mich hat, den ich in Deutschland anbieten könnte. Und er sagte er hätte da einen, der etwas für die Kategorie FC Bayern wäre. Ich war komplett überrascht, bin schon begeistert zu meiner Frau gerannt und habe ihr davon erzählt. Dann habe ich eine WhatsApp-Nachricht mit den Kontaktdaten des Spielers bekommen und es hat sich herausgestellt, dass das ein Basketballspieler war. Da ist kommunikativ wohl was schiefgelaufen.

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