Seitdem Ralf Rangnick das Zepter in Österreich übernommen hat, befindet sich die Nationalmannschaft im absoluten Höhenflug. Die Absage des Trainers an den FC Bayern kam nicht von ungefähr: Das ÖFB-Team hat trotz prominenter Verletztenliste das Zeug zum Geheimfavoriten.

Aktuelle Form
Im Kalenderjahr 2023 setzte es für Österreich nur die 2:3-Niederlage gegen Belgien, ansonsten fuhr das Team acht Siege und zwei Unentschieden ein. Die jüngsten Testspielergebnisse: 2:0 gegen Deutschland, 2:0 gegen die Slowakei, 6:1 gegen die Türkei und 2:1 gegen Serbien. Bei der Generalprobe gegen die Schweiz gab es ein 1:1 der bessere Sorte. Man kann also ruhigen Gewissens sagen: Österreich ist so bereit wie noch nie für ein Turnier. Über Jahre hinweg galt Belgien immer als Geheimfavorit bei Turnieren, diesen Status hat sich das Team von Trainer Ralf Rangnick durch zwei sehr starke Jahre erarbeitet.
Stärken & Schwächen
Hohes Pressing ist das Markenzeichen des ÖFB-Teams. Aus nächster Nähe konnte sich davon Deutschland im vergangenen November bei der bitteren 0:2-Niederlage ein Bild machen. Die DFB-Elf wurde gerade in Halbzeit eins des Öfteren überrumpelt. Österreich ist nach zwei Jahren unter Rangnick Meister des Umschaltspiels und kommt nach eroberten Bällen schnell zum Torabschluss.
Allzu große Defizite finden sich dagegen nicht. Als große Schwäche ist die Verletztensituation zu sehen. Den Österreichern ist quasi eine komplette Achse weggebrochen. Mit Abwehrchef David Alaba fällt der Kapitän des Teams mit einem Kreuzbandriss aus, ist aber als Bindeglied zwischen Trainer und Team vor Ort. Sowohl Keeper Alexander Schlager als auch Namensvetter und Mittelfeldmotor Xaver Schlager verpassen das Turnier mit derselben Verletzung. Auch Sasa Kalajdzic ist keine Option für die Sturmmitte, hier heißt die Diagnose ebenfalls Kreuzbandriss.
Der Trainer: Ralf Rangnick


Österreichs Höhenflug ist eng mit Rangnick verknüpft. In 21 Spielen unter der Leitung des 65-Jährigen holte das Team im Schnitt 2,00 Punkte. Rangnick ist damit der erfolgreichste ÖFB-Trainer der Verbandsgeschichte. Dass Rangnick die Früchte seiner Arbeit auch gerne ernten würde, musste der FC Bayern auf seiner Trainersuche am eigenen Leib erfahren. Die seit 2022 gewachsene Entwicklung seiner Mannschaft wollte Rangnick nicht gefährden.
Ob im 4-3-3, 4-2-3-1 oder 4-4-2 – Rangnick ließ sein Team immer wieder in anderen Formationen ran. Die Gegenpressing-Maschinerie wird je nach Gegner angepasst und das mit Erfolg. Nach einer enttäuschenden Zeit bei Manchester United hat der ehemalige Bundesligacoach seine Herzensaufgabe beim ÖFB gefunden.
Der Star: Die Mannschaft
Was die deutsche Nationalmannschaft beim Turnier 2014 in Brasilien ausgemacht hat, gilt dieses Jahr für das ÖFB-Team. Das Kollektiv steht als Gesamtgebilde über allem. Das hängt auch stark mit Rangnicks Gegenpressing-System zusammen, bei dem ein Rädchen ins andere greifen muss. Mit dem bereits erwähnten Alaba fehlt zumindest der prominenteste Name im Kader. Als Alternative bietet sich der mittlerweile 35-jährige Marko Arnautovic als Rekordnationalspieler an.
Der Kapitän: Marcel Sabitzer



Hier hätte auch der Name von Konrad Laimer stehen können. Wie Sabitzer trug der Profi des FC Bayern zuletzt immer wieder die Kapitänsbinde in Abwesenheit von Alaba. Als beide beim 2:0-Freundschaftsspielsieg gegen die Slowakei auf dem Feld standen, ging die Binde an Sabitzer. Der BVB-Profi hat deutlich mehr Länderspiele (78) vorzuweisen als Laimer (34) und dürfte das Team entsprechend mit der Binde am Arm aufs Feld führen. Dazu hat der torgefährliche Rechtsfuß eine starke zweite Saisonhälfte in Dortmund gespielt, schaffte es sogar ins UEFA-Team der Champions League-Saison. Die Finalniederlage gegen Real Madrid (0:2) setzte Sabitzer zu, er verpasste daher den Test gegen die Schweiz. Zum Tunierstar dürfte er aber wieder auf dem Feld stehen.
Player to watch: Kevin Danso



Für Kevin Danso könnte das Turnier in Deutschland zum großen Sprungbrett werden. Seit 2021 spielt der Innenverteidiger für den RC Lens. Nachdem der Ex-Augsburger im Jahr 2023 noch die Vizemeisterschaft mit den Nordfranzosen feiern konnte, sprang diese Saison nur Platz sieben heraus. Der nächste Karriereschritt wäre logisch. In der Vergangenheit wurde Danso unter anderem auch mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht. Der 25-Jährige ist in Abwesenheit von Alaba Abwehrchef und kann sich mit einer starken EM ins Rampenlicht spielen.
Die Topelf

Die FT-Prognose
Mit Frankreich, der Niederlande und Polen haben die Österreicher eine Hammergruppe erwischt. Dennoch sollte der Kader auf dem Papier stark genug sein, um in die K.O.-Phase einzuziehen. Platz drei könnte schließlich dafür schon reichen. Bisher war das Viertelfinale das historisch beste EM-Ergebnis. Die Rangnick-Mannschaft hat nach zwei Jahren Entwicklungsphase allemal das Zeug dazu, das beste Turnier der Verbandsgeschichte zu spielen. Mit den Österreichern ist dieses Jahr zu rechnen. Ein Aus in der Vorrunde wäre angesichts der zurückgelegten Entwicklung eine große Enttäuschung.
Österreichs EM Kader
Tor:
Niklas Hedl (23/Rapid Wien)
Heinz Lindner (33/Union Saint-Gilloise)
Patrick Pentz (27/Bröndby IF)
Abwehr:
Philipp Lienhart (27/SC Freiburg)
Maximilian Wöber (26/Borussia Mönchengladbach)
Kevin Danso (25/RC Lens)
Philipp Mwene (30/Mainz 05)
Stefan Posch (27/FC Bologna)
Flavius Daniluic (23/RB Salzburg)
Leopold Querfeld (20/Rapid Wien)
Gernot Trauner (32/Feyernoord Rotterdam)
Mittelfeld:
Christoph Baumgartner (24/RB Leipzig)
Florian Grillitsch (28/TSG Hoffenheim)
Marco Grüll (25/Rapid Wien)
Florian Kainz (31/1. FC Köln)
Konrad Laimer (27/FC Bayern München)
Alexander Prass (23/Sturm Graz)
Marcel Sabitzer (30/Borussia Dortmund)
Romano Schmid (24/Werder Bremen)
Matthias Seidl (23/Rapid Wien)
Nicolas Seiwald (23/RB Leipzig)
Patrick Wimmer (23/VfL Wolfsburg)
Angriff:
Marko Arnautovic (35/Inter Mailand)
Maximilian Entrup (26/TSV Hartberg)
Michael Gregoritsch (30/SC Freiburg)
Andreas Weimann (32/West Bromwich Albion)
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