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Katar bastelt am WM-Kader – droht dem Fußball das Handball-Fiasko?

von Lukas Heimbach
5 min.
Zwei Protagonisten der WM 2022? Scheich Tamim bin Hamad (l.) und Pep Guardiola (r.) @Maxppp

2022 findet die Fußballweltmeisterschaft in Katar statt. Traditionalisten bemängeln vor allem, das Emirat habe mit Fußball nichts zu tun. Dass der Wüstenstaat tatsächlich auch sportlich eine Rolle spielen könnte, daran glaubt eigentlich niemand so recht. Dabei planen die Kataris von langer Hand das Projekt Weltmeisterschaft – mit teils fragwürdigen Methoden. Die FIFA muss wachsam sein, schließlich war die Handball-WM ein mehr als mahnendes Beispiel.

Die vor genau einer Woche beendete Handball-WM in Katar hat drastisch aufgezeigt, welche Abgründe Geld im Profisport reißen kann. Selten gönnten deutsche Zuschauer den Franzosen einen Finalsieg mehr als an jenem 1. Februar 2015. Die Europäer gewannen letztlich 25:22 gegen den Gastgeber von der arabischen Halbinsel, der sich zuvor ein Team von internationalen Stars zusammengekauft hatte. Selbst Zuschauer und vermeintlich auch Schiedsrichter sympathisierten mit den monetären Lockrufen aus Katar. Der sportliche Gedanke wurde mit Füßen getreten und das Turnier verkam mehr und mehr zu einer unsäglichen Farce.

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Ein Glück – so sollte man zumindest meinen – kann so etwas im Fußball nicht passieren. Schließlich gibt es bei der FIFA nicht derart dubiose Regeln, dass Sportler, die drei Jahre lang nicht mehr für die Nationalmannschaft eines Landes aktiv waren, für eine andere Nation antreten dürfen. Vorausgesetzt sie erhalten dort die Staatsbürgerschaft. „Im Fußball wären solche Auswüchse nicht möglich. Weil die FIFA das nicht zulässt“, stellte Verbandspräsident Sepp Blatter im FIFA-Magazin ‚The Weekly‘ klar, dass er die Regularien der IHF (International Handball Federation) nicht zielführend findet.

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Guardiola wäre als katarischer Nationaltrainer keine Überraschung

In der aktuellen Debatte um die Zukunft von Pep Guardiola beim FC Bayern flackert das Szenario einer möglicherweise zusammengekauften katarischen Fußballnationalmannschaft jedoch unweigerlich auf. Verschwörungstheoretiker feiern in puncto WM 2022 ohnehin Hochkonjunktur. Wie es überhaupt dazu kommen konnte, dass ein rund zwei Millionen Einwohner fassendes Emirat eine Fußballweltmeisterschaft zugesprochen bekommt, ist dem hiesigen Fußball-Liebhaber nach wie vor schleierhaft.

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Bis 2016 läuft der Kontrakt Guardiolas in München noch. Was danach kommt, weiß aktuell niemand. Vermutlich noch nicht einmal der katalanische Lehrmeister selbst. Jetzt sollen auch den 43-Jährigen seine Freunde aus Katar locken. Ein Amt als Nationaltrainer steht Guardiola demnach in mittelfristiger Aussicht – hochdotiert, versteht sich. Nationaltrainer in Katar? Der stets nach Perfektion strebende, nie zufriedene Guardiola? Nein, eigentlich kaum vorstellbar – taktische Meisterleistungen hin oder her. Wie sollte der Spanier, der Verlieren mehr hasst als alles andere, eine zumindest im Ansatz konkurrenzfähige Mannschaft für die WM auf die Beine stellen?

Blickt man aber ein wenig zurück in der Vita des Bayern-Trainers, würde ein Engagement im Emirat durchaus Sinn ergeben. Schon von 2003 bis 2005 spielte Guardiola als aktiver Kicker für Al-Ahli Klub. Später tütete er als Trainer des FC Barcelona einen 170-Millionen-Euro-Deal mit der Qatar Foundation ein. Zudem ist der dreifache Familienvater Botschafter der WM 2022 und fährt mit dem deutschen Rekordmeister stets ins Wintertrainingslager nach Katar. Die Beziehungen in das Land sind also ausgezeichnet. „Wenn ich einen Tipp abgeben sollte, würde ich sagen, dass Peps Zukunft als Trainer über Bayern nach England und dann, vielleicht in acht oder zehn Jahren, als Höhepunkt und Schlusspunkt, zu einer Nationalmannschaft führt“, schürte zuletzt auch Biograph Martí Perarnaus die Gerüchte.

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Woher fähige Spieler für Guardiola bekommen?

Dass Guardiola, der zuletzt auch ein Pläuschchen mit seinem Bekannten Valero Rivera López, Trainer der katarischen Handballnationalmannschaft, hielt, bei einem Amt als katarischer Nationaltrainer bis zum Ende seines Lebens ausgesorgt hätte, steht außer Frage. Dennoch würde sich der nach Erfolg lechzende Katalane doch nicht die Blöße geben, ohne Aussicht auf Erfolg die schier unmögliche Herausforderung anzugehen. Woher also könnte Katar fähige Spieler für seine Mission herbekommen?

Forscht man diesbezüglich ein wenig nach, sind durchaus interessante und zugleich beängstigende Möglichkeiten zu entdecken – wenngleich auch ein Stück weit hypothetisch. Von langer Hand geplant basteln die Verantwortlichen im arabischen Raum schon lange daran, irgendwann einmal bei einer Weltmeisterschaft eine Rolle spielen zu können. Diese scheint 2022 gekommen.

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Farmteam in Belgien

Ein erster Blick dahingehend führt uns zunächst nach Dakar, anschließend nach Doha, der Hauptstadt des Emirats, bis hin zur deutsch-belgischen Grenze nach Eupen. Rund 1.500 Scouts und Trainer beobachten für die katarische Aspire Zone Foundation, im Rahmen eins sogenannten globalen Exzellenzprogramms, die Top-Talente des afrikanischen Kontinents. Lediglich die 20 Besten aus etwa 600.000 werden jedes Jahr nach Sichtung in der senegalesischen Hauptstadt Dakar zu ausgebildet. Anschließend gibt es den Feinschliff im hochmodernen Trainingszentrum in Doha, ehe die fertig ausgebildeten Youngsters in Belgiens zweite Liga zum KAS Eupen transferiert werden.

2012 ging die Aspire Zone Foundation einen Zehnjahresvertrag mit dem finanziell maroden Klub ein. Seitdem kicken vor allem Spieler aus Nigeria, dem Senegal, Südafrika und der Elfenbeinküste in Eupen. Mit Erfolg. Nachdem es zunächst darum ging, die Klasse zu halten, spielt die KAS derzeit als Tabellenzweiter um den Aufstieg in die Jupiler Pro League. So scheint sich das Emirat sukzessive ein Farmteam für die Nationalmannschaft aufzubauen, wenngleich Christoph Henkel, Geschäftsführer der katarischen Außenstelle, betont: „Ziel ist, dass unsere Spieler es in ihren Herkunftsländern ins Nationalteam schaffen.

Junge Nicht-Nationalspieler könnten mit Geld gelockt werden

Neben der von langer Hand geplanten Förderung junger Talente locken die Scheichs um Tamim bin Hamad bin Khalifa Al Thani (Kalif des Emirats) bereits jetzt angehende Stars mit Millionensalären auf die arabische Halbinsel. So etwa José-Paul Mpoku. Der belgische Offensivspieler, der in der Wintertransferperiode ein heißes Thema beim FC Schalke 04 war, wechselte von Standard Lüttich zu Al-Arabi Sports Club in Katar, wurde dann postwendend nach Italien zu Cagliari Calcio verliehen, um Wettkampfpraxis auf hohem Niveau sammeln zu können.

Mpoku ist 22 Jahre alt. Für die belgische Nationalmannschaft bestritt er noch kein Länderspiel. Vorstellbar, dass das auch so bleibt. Notfalls könnte die Entscheidung mit weiteren Geldkoffern vereinfacht werden. 2022 ist Mpoku dann 29 respektive 30, je nachdem in welcher Jahreszeit die WM stattfinden soll.

Spinnt man dieses Unterfangen weiter und Katar erwägt tatsächlich, aufstrebende Talente schon im frühen Alter vor dem ersten A-Länderspiel für ihr Heimatland mit horrenden Geldsummen abzuwerben, wäre dies ein handfester Skandal und die Integrität unseres lebensfüllenden Sports wohl endgültig passé. Noch scheint die FIFA eingreifen zu können – sollte man zumindest meinen.





FussballTransfers hat auch einmal Scheich gespielt und eine rein hypothetische katarische Nationalmannschaft für die WM 2022 gebastelt.

Tor

Bernd Leno (22/Bayer Leverkusen)

Abwer

Martín Montoya (23/FC Barcelona)
André Ramalho (22/RB Salzburg)
Aymeric Laporte (20/Athletic Bilbao)
Benjamin Mendy (20/Olympique Marseille)

Mittelfeld

Adrien Rabiot (19/Paris St. Germain)
Fernando (27/Manchester City)
Emre Can (21/FC Liverpool)

Angriff

Keita Baldé Diao (19/Lazio Rom)
José-Paul Mpoku (22/Cagliari Calcio/Al-Arabi)
Alan (25/GZ Evergrande)

Bank

Neto (AC Florenz)
Fabinho (AS Monaco)
Geoffrey Kondogbia (AS Monaco)
Lucas Ocampos (Olympique Marseille)
Jorginho (SSC Neapel)
Hachim Mastour (AC Mailand)
Juan Iturbe (AS Rom)

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