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Zerfressen vom Hype: Diese einstigen Supertalente scheiterten am Druck

von Lukas Heimbach
5 min.
Kann Wunderkind Martin Ödegaard (m.) dem Druck standhalten? @Maxppp

Das Tauziehen ist beendet. Wunderkind Martin Ödegaard hat sich schlussendlich für Real Madrid entschieden, wo der 16-Jährige zunächst behutsam aufgebaut werden soll. Der Druck auf das Supertalent ist dennoch schon jetzt gigantisch. Zahlreiche vermeintliche Top-Talente scheiterten daran in der Vergangenheit. FussballTransfers blickt zurück auf einstige Akteure, die am Hype um ihre Person sportlich zu Grunde gegangen sind.

Norwegen. Marienlyst-Stadion. Strömsgodset IF hat Aalesunds FK zu Gast. Geschrieben wird die 72. Minute am 3. Spieltag der norwegischen Tippeligaen. Der zu dem Zeitpunkt 15-jährige Martin Ödegaard schnuppert erstmals Profiluft. Rund 18 Minuten später bereitet der Debütant den 2:0-Siegtreffer seines Heimatklubs vor.

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Elf Partien lang entzückt das Supertalent Norwegens anschließend, bis er am 27. Juni 2014 beim 3:1-Auswärtssieg bei Sandnes Ulf groß auftrumpft. Er erzielte zunächst die 1:0-Führung selbst, holte anschließend einen Elfmeter heraus und bereitete schließlich einen Treffer vor. Fortan wurden verstärkt ausländische Medien aus Europas Top-Ligen auf den jungen Norweger aufmerksam. Es folgte eine wahre Lawine an Gerüchten, wo Ödegaard überall gehandelt wird. Kein europäischer Top-Klub auf dessen Liste der Nationalspieler Norwegens nicht stand.

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Probetrainings-Tournee durch Europa

Ödegaard ging daraufhin auf Probetrainings-Tournee durch Europa, verschaffte sich einen genauen Eindruck vom Großteil der zahlreichen Interessenten. Schlussendlich erhielt Real Madrid in dieser Woche den finalen Zuschlag. 2,8 Millionen Euro überwiesen die ‚Königlichen‘ an Strömsgodset, das sich über den Geldregen freut. Real zahlt die Summe – mal wieder – aus der Portokasse.

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In der zweiten Mannschaft der Madridismo soll der heute 16-Jährige unter Legende Zinedine Zidane zunächst behutsam aufgebaut werden. Dennoch wird der Druck auf das Megatalent enorm sein. Medien werden ihn in der Hauptstadt auf Schritt und Tritt verfolgen. Der Hype um den Youngster ist schon jetzt gigantisch. Insofern stellt sich die Frage, ob der junge Skandinavier damit umgehen kann. Schon vor ihm sind diverse vermeintliche Supertalente am immensen Druck im Profitgeschäft Fußball zerschellt.

Das Spanien-Schicksal der argentinischen Supertalente

Insbesondere argentinischen Talenten wurde dieses Schicksal zuteil. So zum Beispiel Pablo Aimar. Das einstige Jahrhunderttalent von River Plate wurde als der angehende Megastar in Argentinien und der Welt gefeiert, als er im Januar 2001 auf die große Fußballbühne aus zog und für 21 Millionen Euro zum FC Valencia wechselte. 14 Jahre später kehrte der geniale Kicker Anfang des Monats gescheitert zurück zu seinem Heimatklub. Die ganz großen Erwartungen konnte der Kreativ- und Lockenkopf nie erfüllen. Nach Stationen bei Real Sociedad San Sebastián und Benfica Lissabon wechselte er im Sommer 2013 nach Malaysia zu Johor Darul Ta’zim. Nun lässt der 35-Jährige seine Karriere in der Heimat ausklingen.

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Ähnlich erging es Javier Pedro Saviola. Auch der schnelle Angreifer erlernte das Fußballspielen in Buenos Aires bei River Plate. Mit 19 Jahren zog es ‚El Conejo‘ ein halbes Jahr später als Aimar ebenfalls nach Spanien. Der Youngster heuerte beim FC Barcelona an, der schlappe 35,9 Millionen für ihn auf den Tisch legte. Dementsprechend groß waren die Erwartungen auch an Saviola. Rechtfertigen konnte der schnelle Offensivakteur die Summe niemals wirklich. Drei Jahre später ging er als Leihspieler zunächst zur AS Monaco, anschließend zum FC Sevilla, ehe Real Madrid ihn 2007 ablösefrei ins Bernabéu holte. Auch dort konnte sich Saviola nicht durchsetzen und versuchte sein Glück im Anschluss bei Benfica Lissabon, dem FC Málaga und Olympiakos Piräus. Mit 33 Jahren dümpelt seine Karriere derzeit bei Hellas Verona in der Serie A vor sich hin

Der teuerste Spieler aller Zeiten

Für Aufsehen sorgte auch der Transfer des Brasilianers Denílson. Für 31,5 Millionen Euro wechselte der Edeltechniker 1998 vom FC São Paulo zu Betis Sevilla. Damit war der zu diesem Zeitpunkt 20-Jährige der teuerste Spieler aller Zeiten. Aber auch dem brasilianischen Trickser war der Durchbruch nicht vergönnt. Nur zwei Jahre später ging es via Leihe zurück nach Brasilien zu Flamengo Rio de Janeiro. Es folgten Beschäftigungen in Frankreich (Girondins Bordeaux), den Vereinigten Arabischen Emiraten (Al-Nasr), den USA (FC Dallas) und China (Hai Phong). 2010 beendete Denílson seine Karriere schließlich im Alter von 32 Jahren. Zuletzt spielte der heute 37-Jährige in Griechenland für AO Kavala.

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Aber auch in der Bundesliga scheiterten zahlreiche in den Himmel gelobte Talente am Druck, dem sie scheinbar nicht mehr standhalten konnten oder auch am Überschätzen der eigenen Fertigkeiten. So etwa Savio Nsereko.

Als hochgehandelter deutscher Junioren-Nationalspieler wechselte der in Uganda geborene Rechtsaußen 2005 aus der Jugend des TSV 1860 München für 450.000 Euro nach Italien zu Brescia Calcio. 2009 ging es weiter nach England zu West Ham United. Die ‚Hammers‘ legten 8,5 Millionen Euro auf den Tisch, um ihn sieben Monate später für 6,2 Millionen zum AC Florenz ziehen zu lassen. Das Wechsel-Hick-Hack stieg dem Youngster offenbar zu Kopf und so wurde aus der geplanten Spitzenkarriere eher ein Weltenbummel. Bei elf verschiedenen Klubs spielte Nsereko, zuletzt in Kasachstan für FK Atyrau. Aktuell ist er mit gerade einmal 25 Jahren vereinslos.

Eigentlich talentierter als Michael Ballack

Schlechte Erfahrungen in der Toskana machte auch Marko Marin, der bis vor kurzem vom FC Chelsea an die ‚Fiorentina‘ ausgeliehen war. Nun wechselte der deutsche Ex-Nationalspieler auf Leihbasis zum RSC Anderlecht, der bereits die letzte Chance des 25-Jährigen sein könnte, sich noch einmal international zu behaupten. Dem dribbelstarken Irrwisch wurde wohl sein Acht-Millionen-Wechsel von Werder Bremen zum FC Chelsea zum Verhängnis. Seitdem hängt seine Karriere durch.

Argentinische Top-Talente sah auch die Bundesliga. Franco Zuculini, der als ‚Neuer Maradona‘ gefeiert wurde und 2010 von Racing Club de Avellaneda
Für 4,6 Millionen Euro zur TSG Hoffenheim wechselte. Nach diversen Leihgeschäften spielt der 24-Jährige derzeit in der italienischen Serie B beim FC Bologna.

Ein Fall der schon einige Jahre zurück liegt, ist der des Marco Reich. 1998 wurde das einstige Mittelfeld-Ass gemeinsam mit Michael Ballack beim 1. FC Kaiserslautern Deutscher Meister. Ein Jahr später war er Nationalspieler. Dabei galt Reich damals im Vergleich mit dem später weltberühmten Kollegen Ballack als das weitaus größere Talent. Bei einem Länderspiel blieb es für den Meisenheimer. Der Durchbruch gelang ihm nie. Heute arbeitet der 37-Jährige in einem Pflegeheim für Senioren.

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