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Sorgen um Milan: Ein Klub als Geisel seines Investors

von Niklas Scheifers
3 min.
Ein chinesischer Investor hat Milan übernommen @Maxppp

Lange sind sie her, die fetten Jahre des AC Mailand. Der Champions League-Sieger von 2007 scheint sich sportlich langsam wieder zu berappeln. Doch der Klub hat ein großes Problem: Seinen Investor.

Eine einfach klingende Formel ist hierzulande derzeit in Allermunde: 50+1. Kurz: Die selbstauferlegte Regel der deutschen Profi-Klubs, einem oder mehreren Investoren niemals die Mehrheitsanteile am eigenen Verein zu verkaufen. Die Klubs sollen sich selbst gehören – vereinfacht formuliert.

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Groß sind die Kontroversen um diese Vorschrift in den Statuten der DFL. Die Kritiker bemängeln fehlende Chancengleichheit gegenüber den Klubs anderer Topligen, die Befürworter hingegen verstehen dieses deutsche Spezifikum als Schutz vor den Launen und Missgeschäften von Firmen oder Privatiers.

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Nun gibt es da einen Fall, der Wasser auf den Mühlen der Befürworter sein dürfte. Gar nicht weit weg, südlich der Alpen. Und es ist ein prominenter Fall. Es geht um einen Klub, der vor gut zehn Jahren noch als der erfolgreichste des Kontinents galt: Den AC Mailand. Die Sorgen um diesen europäischen Giganten sind so groß wie noch nie zuvor.

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Sportlich gut, aber...

Das liegt nicht am sportlichen Abschneiden. Milan steht auf Platz sechs der Serie A – nicht überragend, aber zumindest solide und noch mit Chancen auf Tabellenplatz vier, der zur Champions League-Teilnahme berechtigt. Vielmehr ist es eine Einzelperson, die jedem schwarz-roten Tifoso die Schweißperlen auf die Stirn treiben dürfte, weil sie ungünstigerweise 99 Prozent der Klubanteile innehat.

Die Rede ist von Li Yonghong. Der chinesische Geschäftsmann erwarb besagten Mammut-Anteil Ende März 2017 durch ein Investment von rund 740 Millionen Euro. 240 Millionen Euro flossen seitdem in Spielertransfers. Soweit so gut. Nun gibt es allerdings größte Zweifel an Lis geschäftlicher Seriosität und Integrität.

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Anlass gibt ein Fall, von dem der ‚kicker‘ berichtet. Gut 37 Millionen Euro brauchte Milan kurzfristig für eine Kapitalerhöhung aus der Tasche seines Investors, weitere 27 Millionen müssen zudem noch an den US-Fonds ‚Elliott‘ überwiesen werden, der gut 300 Millionen der Kaufsumme vor einem Jahr übernahm.

Die dubiosen Geschäfte des Herrn Li

Was dann folgte, war eine Farce: Erst auf dem letzten Drücker und auf dringende Bitte des AC-Managers Marco Fassone sicherte Li das Geld für die Kapitalerhöhung zu. Überwiesen ist der Bertrag allerdings noch nicht. Auf die Summe für ‚Elliott‘ warten die Rossoneri noch. Einen wirklichen Einblick in die Geschäfte des Klubs hat augenscheinlich nur der Investor selbst.

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Lis mangelhafte Verlässlichkeit hat offenbar seine Gründe. Die knapp 440 Millionen Euro, die der Chinese selbst für den Milan-Kauf aufbrachte, soll sein damaliges Vermögen weit überstiegen haben. Die Unternehmen in seinem Besitz sind, wie es aus Fernost heißt, bankrott. Inzwischen untersucht die Mailänder Staatsanwaltschaft besagte Kaufsumme auf Geldwäsche.

Düstere Aussichten für Milan

Mehr und mehr erhärtet sich der Verdacht, dass der stolze AC Mailand einem Betrüger ausgeliefert wurde. Schon 2004 waren Lis Vater und Bruder ins Gefängnis gewandert, weil sie zahlreiche Investoren um Millionen gebracht hatten. Und er selbst musste 2013 80.000 Euro Strafe zahlen, weil er es nicht für nötig erachtete, einen Aktienverkauf zu melden. Das Ende der Fahnenstange? Schwer zu glauben.

Das große Problem nun für Milan: Sollte Li die Geldmittel für den Klub, bei dessen Erwerb er sich offensichtlich heftig übernahm, nicht mehr aufbringen können, wären die Mailänder dem ‚Elliott‘-Fonds ausgeliefert. Und der hat den Ruf, seine Investments rigoros auszusaugen.

So drängt sich die Frage auf, wie man es zulassen konnte, einen so ruhmreichen Klub in die Hände eines zwielichten Investors zu legen. Der Verkäufer damals: Silvio Berlusconi. Damit dürfte die Frage beantwortet sein. Und die Frage, ob 50+1 tatsächlich seinen Sinn erfüllen kann, ebenso.

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