Der norwegische Messi am Scheideweg – Ödegaard ein Mann für die Bundesliga?

von Jan Zesewitz
3 min.
Martin Ödegaard soll erneut verliehen werden @Maxppp

Er galt als der norwegische Messi. Mit 15 Jahren spielte er in der norwegischen ersten Liga, lief für die Nationalmannschaft auf, alle europäischen Topklubs rissen sich förmlich um ihn. Mittlerweile ist es still um Martin Ödegaard, bei Real Madrid hat es bislang nicht geklappt, nun ist seine Zukunft ungewiss – wie geht es für ihn weiter?

Es ist der 23. Mai.2015. Cristiano Ronaldo wird in der 58. Minute im La Liga-Spiel gegen den FC Getafe ausgewechselt. Für ihn kommt ein 16-Jähriges Supertalent. Der norwegische Messi, Martin Ödegaard. Es könnte ein symbolischer Moment sein an diesem letzten Spieltag der Saison, beim Spielstand von 5:3 für Real. Ronaldo hat drei Treffer erzielt, am Ende heißt es 7:3, Ödegaard trifft nicht. Bis heute ist es sein einziges Spiel in der ersten spanischen Liga. Die Symbolwirkung seiner Einwechslung für Ronaldo blieb aus.

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Wenige Tage nach seinem 16. Geburtstag war der Offensivspieler zu den Königlichen gewechselt. Es war ein Transfer mit großem Medienecho. In den Monaten zuvor wurde der Teenager zu einem YouTube-Phänomen, als Fußballfans und -experten mit wachsender Begeisterung seine Tore und Dribblings aus der norwegischen Tippeligaen mit überschaubarer Auflösung bestaunten. Der FC Bayern, Manchester United, Real Madrid, alle wollten das Supertalent verpflichten. Real erhielt schließlich den Zuschlag.

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Sackgasse Real Madrid?

Dumm nur, dass seinen künftigen Trainer die Verpflichtung wenig anging: „Ich war an seiner Verpflichtung nicht interessiert, denn sie war nicht wichtig für meine Arbeit“, schrieb Carlo Ancelotti in seinem Buch, „aber wenn der Präsident entscheidet, dass er aus PR-Gründen einen norwegischen Jungen dreimal in der ersten Mannschaft auflaufen sehen will, dann muss ich einen Weg finden, das umzusetzen.

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Für Ödegaard selbst kam der Wechsel nicht zu früh. Schließlich handelte er nach seinem großen Vorbild: „Messi hat seine Heimat auch früh verlassen“, sagte er, „seine Familie kam von Argentinien mit nach Barcelona, das ist sehr weit. Und jetzt ist er der beste Fußballer der Welt.

Derartige Attribute gibt es für Ödegaard seit seiner Ankunft in Madrid selten. Bei der zweiten Mannschaft liefert er in den folgenden zwei Jahren gute Leistungen, für die Großen reicht es aber nur noch einmal, in der ersten Runde der Copa del Rey. Der Norweger darf 90 Minuten dabei sein, als Isco, James und Co. einen Drittligisten mit 6:1 aus dem Bernabeu fegen.

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Mitläufer in den Niederlanden

Für mehr Spielpraxis auf höherem Niveau folgt eine Leihe in die Niederlande. Insgesamt 38 Auftritte beim SC Heerenveen später hat sich die breite Öffentlichkeit längst neuen, spannenden Talenten zugewandt und über Ödegaard gibt es keine großartig neuen Erkenntnisse. In den Niederlanden ist man sogar ein wenig enttäuscht: „Er ist ein guter Fußballer mit einer brillanten Technik. Aber wir hatten noch ein bisschen mehr erwartet, vor allem in Form von Toren und Vorlagen“, sagt die Sportreporterin Anne Roel.

Der inzwischen 19-Jährige besitzt eine feine Technik, ist dribbelstark, zeigt Übersicht auf dem Spielfeld. Die deutsche U21-Auswahl traf vor einem Jahr auf einen Ödegaard in Topform – 3:1 hieß es am Ende für Norwegen, Ödegaard erzielte ein Tor und bereitete ein weiteres vor. „Wenn man ihm Platz lässt, ist er überragend“, sagte Jonathan Tah nachher.

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Wie geht es weiter?

Und doch ist Ödegaard umringt von Fragezeichen. Warum spielt er U21 und nicht weiter in der ersten Mannschaft von Norwegen? Warum kann er der niederländischen Liga trotz seiner Anlagen nicht deutlicher seinen Stempel aufdrücken? Und wie geht es jetzt weiter für ihn?

In Madrid besitzt er einen Vertrag bis 2021. Die Königlichen möchten ihn gerne verleihen, aber lieber in eine stärkere Liga als in den Niederlanden. Wie wäre es also mit der Bundesliga? Borussia Mönchengladbach wollte den Offensivspieler schon 2016 gerne verpflichten. Sportdirektor Max Eberl glaubt, dass der Niederrhein die bessere Alternative gewesen wäre: „Ich bin überzeugt: Ödegaard wäre in Gladbach heute Bundesligaspieler, er hätte bei uns Champions League gespielt.

Nach den vergangenen Jahren ist es mehr als fraglich, ob Ödegaard in Deutschland bei einem Klub mit Ambitionen auf die internationalen Plätze unterkommen könnte. Realistischer wäre wohl eher eine Stufe darunter, oder ein Wechsel nach Frankreich oder zu einem Ligakonkurrenten von Real.

Der Norweger muss in den nächsten Jahren – egal wo er landet – zeigen, dass er sein ohne Zweifel riesiges Talent auch auf hohem Niveau abrufen kann. Sonst wird er ebenso schnell von der Bildfläche verschwinden, wie er vor drei Jahren mit verpixelten YouTube-Videos auf ihr aufgetaucht ist.

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