Ronaldo will Real verlassen – der tägliche Clásico der spanischen Zeitungen

von Tristan Bernert
3 min.
Ronaldo will Real verlassen – der tägliche Clásico der spanischen Zeitungen @Maxppp

Das Fußballland Spanien ist zweigeteilt: Den Fans von Real Madrid stehen die Anhänger des FC Barcelona gegenüber. Wenn die beiden Traditionsvereine aufeinandertreffen, herrscht Ausnahmezustand. Die tiefgreifende Rivalität ist aber nicht nur auf dem Platz zu spüren. Täglich liefern sich die Zeitungen ein Clàsico der besonderen Art.

Die Nachricht ist an Sensationscharakter wohl kaum zu überbieten: Real Madrid möchte sich im Sommer von zehn Spielern trennen. Unter ihnen sind auch Superstar Cristiano Ronaldo und Vereinsikone Sergio Ramos. Doch damit nicht genug: Auch Toni Kroos und Pepe haben bei den ‚Königlichen‘ keine Zukunft mehr; Isco und James Rodríguez sowieso nicht. Komplettiert wird die „schwarze Liste“, wie die ‚Sport‘ es beschreibt, von Álvaro Arbeloa, Jesé Rodríguez, Danilo und Casemiro.

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Droht dem ‚Weißen Ballett‘ im kommenden Sommer also ein Ausverkauf? Wohl kaum. Auch wenn einige der Kandidaten sicherlich den Verein verlassen könnten, wird Real auf keinen Fall zehn Spieler auf einen Streich ziehen lassen – vor allem wenn unter ihnen sechs potenzielle Stammspieler sind. Auch den spanischen Medien ist das bewusst, der Artikel schlug kaum Wellen. Warum die ‚Sport‘ dennoch solche Gerüchte in Umlauf bringt, lässt sich einfach erklären: Die Fans des FC Barcelona wollen ihn lesen.

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Blätter mit Vereinsfärbung

Die Leserschaft des in Kataloniens Haupstadt ansässigen Fachblatts besteht hauptsächlich aus Anhängern der ‚Blaugrana‘. Gleiches gilt für die ‚El Mundo Deportivo‘ – Spaniens älteste Sportzeitung – die ebenfalls in Barcelona sitzt. Traditionell ist das Duo über die Abläufe beim FC Barcelona bestens informiert, seriöse Insiderinformationen zu Real Madrid sucht man oft aber vergebens. Zuständig dafür sind die Madrider ‚Marca‘ und ‚as‘, die als Hofzeitungen der ‚Königlichen‘ gelten.

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Wer sich in Spanien eine Sportzeitung kauft, tut dies in der Regel gemäß seiner persönlichen Vereinszugehörigkeit. Nach dem Lesen will sich die Anhängerschaft in ihrer Meinung bestätigt fühlen. Gerade in schweren Zeiten sind ‚Marca‘, ‚El Mundo Deportivo‘ und Co. also Balsam für die geschundene Fanseele.

So geschehen im März 2015 nach der bitteren 1:2-Niederlage der ‚Königlichen‘ gegen Barça im Clàsico. Wenige Tage nach der Pleite präsentierte die ‚Marca‘ in penibler Art und Weise alle Zahlungen, die der FC Barcelona im Zuge des Transfers von Neymar getätigt hatte. Das Fazit der Zeitung: Die Katalanen hatten beim Transfer gepfuscht und die offizielle Ablösesumme von 57 Millionen Euro sei falsch. Stattdessen habe der Brasilianer 157,4 Millionen gekostet, da unter anderem Verein und Funktionäre nachträglich mit Strafzahlungen sanktioniert wurden. Die königliche Anhängerschaft freute sich: Fortan musste man nicht mehr über das 1:2 nachdenken, sondern hatte ein deutlich angenehmeres Gesprächsthema.

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Zwei Versionen der Ronaldo-Gerüchte

Auch bei den Transfergerüchten um Cristiano Ronaldo zeigt sich die Vereinsfärbung des spanischen Sportjournalismus. Neben der bereits genannten „schwarzen Liste“ lässt die ‚Sport‘ kaum eine Gelegenheit aus, um über einen möglichen Abgang des portugiesischen Superstars zu Paris St. Germain zu berichten. Ein privates Gespräch zwischen Ronaldo und PSG-Coach Laurent Blanc nach einem Champions League-Spiel der Nobelklubs wurde als klarer Indiz dafür verstanden, dass Ronaldo sich den Franzosen anschließen möchte. Zahlreiche Artikel erschienen dazu in der katalanischen Sportzeitung.

Die ‚Marca‘ hingegen widmete den Gerüchten um CR7 kaum Aufmerksamkeit. In den wenigen verfassten Zeilen stellte das Fachblatt sogar explizit klar, dass die Informationen zum Ronaldo-Transfer aus anderen (teils dubiosen) Quellen übernommen wurden und nicht von der ‚Marca‘ selbst stammten.

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Auch abseits des Fußballplatzes ist der Clàsico also täglich präsent: Die tiefgreifende Rivalität zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona spiegelt sich in der täglichen Pressearbeit wider. Als Sprachrohr der katalanischen Minderheit ist die ‚Sport‘ und die ‚El Mundo Deportivo‘ dabei jedoch deutlich gefärbter als die ‚Marca‘ und ‚as‘, die eher ein gesamtspanisches Publikum ansprechen. So ließ sich die ‚Marca‘ nicht lumpen, den mittlerweile berühmten Elfmeter-Pass von Lionel Messi auf Luis Suárez in höchsten Tönen zu loben.

Auch wenn die spanischen Zeitungen deutlich einem der großen Vereine zuzuordnen sind, greifen sie ihre Informationen dennoch nicht aus der Luft. Wichtig ist es aber, die Artikel richtig einzuordnen. So lässt sich mit einer Prise Salz auch der kolportierte Abgang von Ronaldo, Ramos und acht weiteren Spielern genießen.

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