FT-Kurve Bundesliga

Bundesliga-Bosse gegen den Transfer-Wahnsinn: Muss 50+1 weg?

Das zurückliegende Transferfenster hallt noch nach, da gibt es auch schon die ersten kritischen Stimmen aus der Bundesliga zu den ausufernden Ablösesummen. Die Bundesliga gerät weiter ins Hintertreffen und sieht die englischen Klubs nur noch mit dem Fernglas. Ist die Abschaffung von 50+1 die Lösung des Problems?

von Dominik Schneider - Quelle: kicker | Sportschau
3 min.
Simon Rolfes (l.) und Fernando Carro (r.) auf der Ersatzbank @Maxppp

Der Deadline Day ist Geschichte, das Transferfenster in den meisten Ligen hat geschlossen und die Vereine rekapitulieren, wie erfolgreich oder weniger erfolgreich das eigene Handeln auf dem Markt war. Der Tenor ist fast überall gleich: Die Summen laufen aus dem Ruder, die Bundesliga verliert weiter den Anschluss an die Premier League.

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Einige Funktionäre und ehemalige Manager haben sich diesbezüglich bereits zu Wort gemeldet. Vorneweg Uli Hoeneß, Aufsichtsratsmitglied und Ehrenpräsident des FC Bayern. Der einstige Erfolgsmanager zeigte sich auf einer DFL-Veranstaltung fassungslos. „Ich finde es völlig verrückt, was da abgeht. Wenn wir nicht aufpassen, werden die Leute irgendwann fragen: 'Sind die eigentlich noch bei Verstand?' Ich arbeite für 2000 bis 3000 Euro netto im Monat, und gleichzeitig werden für mittelklassige Spieler 30, 40, 50 Millionen ausgegeben.“ Die gezahlten Summen seien „völlig gaga“.

Der Wurstfabrikant mahnt zudem, man solle nicht dem Geld der großen Investoren verfallen: „Wir müssen unseren eigenen Weg gehen, Stärke zeigen und uns nicht vom Geld der Araber, amerikanischer Hedgefonds oder Oligarchen abhängig machen.“ Dass externe Geldgeber den Fußball mit frischem Geld vollpumpen und damit die Machtverhältnisse in den vergangenen 20 bis 30 Jahren enorm verschoben haben, sieht nicht nur Hoeneß so.

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Rolfes sieht großen finanziellen Abstand

Der ‚kicker‘ zitiert Simon Rolfes, Geschäftsführer Sport bei Bayer Leverkusen: „Der englische Fußball dominiert den europäischen Fußball. Der Domino-Effekt wird von den englischen Klubs ausgelöst - entweder dadurch, dass sie untereinander, oder wie bei Nick Woltemade in Stuttgart, direkt einkaufen.“ Ebendiese englischen Klubs haben inzwischen nicht mehr nur noch den Vorteil eines exorbitant üppigen TV-Vertrags, sondern kassieren zusätzlich von Einzelinvestoren, Investmentfonds und milliardenschweren Konsortien.

Rolfes benötigt keinen Blick in die Glaskugel, um korrekt abzuleiten, dass sich die Preisspirale für Profis in den kommenden Jahren noch weiter nach oben drehen wird: „Weil der finanzielle Abstand so groß und die Summen dann auch so groß sind, wenn Engländer kommen, werden wir es häufiger sehen, dass Ende der letzten Woche immer noch große Transfers passieren.“

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Auch Horst Heldt blickt kritisch auf das Geschehene. Dem ‚kicker‘ sagt der Geschäftsführer von Union Berlin kämpferisch: „Am Ende ist es Angebot und Nachfrage. Wenn man in diesem Wettbewerb ist, muss man sich dem stellen.“ Der Funktionär der Köpenicker betont jedoch ebenso, dass Vereine „aus anderen Ländern“ auch „andere Einnahmemöglichkeiten“ haben. Manchmal sei das „ungerecht, aber das ist halt so“.

Sollte 50+1 abgeschafft werden?
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Investorengelder verändern Transfermarkt-Dynamik

Mit vereinseigenen Medien des VfL Wolfsburg sprach Sebastian Schindzielorz über die Thematik. „Es zeichnet sich schon eine gewisse Veränderung ab – vor allem, was die Summen im Markt betrifft. Man merkt, dass viele Klubs über enorme wirtschaftliche Möglichkeiten verfügen und Transfers dadurch auf einem anderen Niveau bewerten als noch vor einigen Jahren“, so der Sportdirektor der Wölfe.

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Auch dem 46-Jährigen ist nicht verborgen geblieben, woher diese finanziellen Auswüchse kommen: „Das spiegelt auch die generelle Entwicklung im Fußball wider: immer mehr Investoren, vermehrt Multi-Club-Ownerships und insgesamt deutlich mehr Geld im Umlauf. All das spürt man in den täglichen Gesprächen auf dem Transfermarkt sehr deutlich.“ Eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten ist.

Wackelt jetzt 50+1?

Der deutsche Fußball scheint dabei noch einigermaßen geschützt. Dank der noch vorhandenen 50+1-Regel haben Investoren kein leichtes Spiel in der Bundesliga. Die Beispiele von RB Leipzig, dem VfL Wolfsburg, der TSG Hoffenheim oder Bayer 04 Leverkusen zeigen allerdings, dass es auch hier kleinere bis größere Ausnahmen gibt.

Heute werden bei der DFL ein neues Präsidium und ein neuer Aufsichtsrat gewählt. Mit Blick auf 50+1 ein sehr wichtiger Vorgang. Wohin die Reise geht? Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro wird laut ‚Sportschau‘ ohne Gegenkandidaten zur Wahl für einen Posten im Aufsichtsrat stehen. Der Bayer-CEO hat sich mehrmals für die Abschaffung von 50+1 ausgesprochen. Ob sich daraus eine Lösung für das Dilemma mit den hohen Ablösesummen und dem Wettbewerbsvorteil der Premier League ergibt? Das bleibt abzuwarten.

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