Die Super-Dilettanten decken auf: So krank ist das Business

von Matthias Rudolph
4 min.
Die Super League sorgt für jede Menge Gesprächsstoff @Maxppp

Der Sturmlauf der Fans war erfolgreich. Die Pläne für die Super League verschwinden wohl wieder in der Schublade. Alles wieder super also? Mitnichten.

„Mario Götze ist ein super, super Spieler“, sagte Pep Guardiola einst. Was er wirklich über den damaligen Neuzugang des FC Bayern dachte, behielt der Starcoach aber für sich. Und so wissen wir spätestens seit Pep, dass nicht immer alles super ist, wo super draufsteht. Ähnlich verhält es sich mit der Super League und den Vereinen, die Gründungsmitglieder dieser neuen Liga sein wollten – zumindest für eineinhalb Tage.

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Der Jubel am heutigen Mittwoch ist groß, denn die sechs englischen Vertreter (Arsenal, Chelsea, Liverpool, Manchester City & United, Tottenham) haben sich offiziell von der Super League distanziert. Der FC Bayern, Borussia Dortmund und Paris St. Germain wollten im Vorfeld schon nicht mitmachen. Ausschlaggebend für den Rückzug der Premier League-Vertreter war der Druck der Fans, zudem hatten sich teilweise auch die Spieler kritisch geäußert und die Gefolgschaft verweigert. Alles super also?

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Nein. Allzu laut sollten die Fußballfans nicht jubeln, denn die 48-Stunden-Farce rund um die Super League macht nur einmal mehr deutlich, wie weit sich die Elite von der Basis entfernt hat: nämlich super weit. Offenbar hat in den Chefetagen niemand mit einem derart heftigen Gegenwind gerechnet. Und das ist doch sehr bemerkenswert. Denn die Fans waren sich europaweit einig und nach Befürwortern der Super League muss man außerhalb der Vereinsbüros wohl lange suchen.

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Gier frisst Hirn

Und so fragt man sich: Sind die Vertreter der Topvereine, die die Gründung der Super League ausgiebig vorbereitet, geplant und durchkalkuliert haben, einfach super naiv oder super dumm? Keins von beidem dürfte zutreffen. Super dilettantisch war die Aktion fraglos, aber sie zeigt vor allem, dass sich bei den ganz großen Bossen der Gedanke manifestiert hat, dass die Fans am Ende jede Kröte schlucken. Champions League-Reform, WM in Katar uvm. werden dazu beigetragen haben.

Hauptgrund für das überraschende Vorpreschen in Sachen Super League ist aber ein anderer: Die Klubbosse sind schlichtweg super verzweifelt. Florentino Pérez, Präsident von Real Madrid und Vorsitzender der Super League, gab am Dienstag unumwunden zu: „Wir müssten 900 Millionen Euro einnehmen und es werden 600 Millionen sein.“ Ohne neue Einnahmequellen sei man „bald ruiniert“. Die Coronakrise vermindert den Geldfluss und seitdem wird überdeutlich, wie sehr die Vereine ihre Bilanzen auf Kante genäht haben.

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Die Geldgier scheint unstillbar. Das gilt aber nicht nur für die Vereinsoberen, sondern für alle. Nicht zuletzt auch für die Profis. Beispiel gefällig? Sergio Ramos weigert sich, einen neuen Vertrag bei Real Madrid zu unterzeichnen, da darin pandemiebedingt eine Gehaltskürzung von zehn Prozent vorgesehen ist. Statt zwölf Millionen Euro netto pro Jahr wären es nur noch kümmerliche 10,8 Millionen Euro netto. Keine Frage, super wenig.

Und weil sich irgendwo in Europa ein anderer Verein findet, der Ramos mehr bietet – das mit Katar-Millionen vollgepumpte PSG zum Beispiel – muss Real doch das volle Gehalt zahlen oder seinen Kapitän ablösefrei ziehen lassen. Ein Teufelskreis, der nach immer mehr verlangt.

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Dass dann am Ende ausgerechnet ein Klub wie Paris St. Germain auf der Seite ‚der Guten‘ steht, weil sich der französische Serienmeister gegen die Super League gestellt hat, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Genau wie die heroischen Wortmeldungen von Spielern, denen am Ende dann doch egal ist, woher ihr Gehalt kommt. Hauptsache es ist super hoch.

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, Bayerns Vostandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke – man sollte extrem vorsichtig damit sein, diese Herren nun überschwänglich als Retter des Fußballs zu feiern. Und spätestens, wenn sich RB Leipzig-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff ungestraft als „Verfechter des sportlichen Wettbewerbs“ rühmt, sollte man genauer hinschauen, wie weit es schon gekommen ist.

Schon längst falsch abgebogen

Die Pläne bezüglich der Super League haben den letzten Schleier aufgedeckt. Funktioniert das kranke Business nicht mehr wie gehabt, wird nicht nachhaltig über Salary Caps, Gehaltskürzungen oder Ähnliches diskutiert. Stattdessen wird ein Weg gesucht, noch die letzte Million aus dem Fußball zu saugen. Und die FIFA und UEFA haben als letzte ein ehrliches Interesse, daran etwas zu ändern. Siehe WM in Katar, Champions League-Reform, Nations League, Conference League. Die Opferhaltung sollte also wirklich keiner für sich beanspruchen – abgesehen von den Fans.

Dass die Schere zwischen Arm und Reich im Fußball immer größer wird, darüber sollte der erfolgreiche Protest gegen die Super League nicht hinwegtäuschen. Die Strukturen für Serienmeister wie Bayern und PSG wurden schon vor Jahren geschaffen. Von Chancengleichheit kann schon lange keine Rede mehr sein. Die Super League hätte das Fass zum Überlaufen gebracht, keine Frage. Dass es schon längst randvoll ist, sollte aber jedem klar sein. Und ein bisschen Wasser abzulassen, scheint keine realistische Option mehr. Eine Entwicklung, die sich auch ohne Super League kaum noch aufhalten lässt und die alles andere als super super ist.

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