Eklat: DFB stimmt für Saudi-WM
Nun ist es offiziell: Auch der DFB wird beim FIFA-Kongress in der kommenden Woche für die Vergabe der Weltmeisterschaft 2034 nach Saudi-Arabien stimmen – trotz aller Kritik von Fans, Menschenrechtsorganisationen und Politik.
Im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung hat das Präsidium des DFB einstimmig beschlossen, auf dem FIFA-Kongress am kommenden Mittwoch für die Vergabe der Weltmeisterschaften 2030 an Spanien, Portugal und Marokko und 2034 an Saudi-Arabien zu stimmen. Für beide Turniere gibt es jeweils nur eine Bewerbung.
„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und die Bewerbung für die WM 2034 sorgfältig geprüft. Es hat einen Austausch mit vielen Interessengruppen und Experten gegeben, darunter Menschenrechtsorganisationen und Fans, auf dessen Basis eine fundierte Entscheidung getroffen wurde. Wir nehmen die Kritik am Bewerberland ernst und werden weiter im Austausch bleiben. Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren gemeinsam mit der FIFA auf eine Verbesserung der Situation hinzuwirken“, lässt sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf zitieren.
Reines Sportwashing
Dabei steht Saudi-Arabien als möglicher Ausrichter des Turniers stark in der Kritik. Erst am Dienstag hatte sich die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch an die Öffentlichkeit gewandt und die mit Katar vergleichbaren Bedingungen für ausländische Arbeiter sowie die Unterwanderung von Menschenrechten in Saudi-Arabien angeprangert. Amnesty International spricht von „höchst problematischen“ Arbeitsbedingungen im Land und warnte vor einer Zusage an den Ölstaat.
Zudem sei mehr oder weniger offensichtlich, dass Saudi-Arabien mit der Ausrichtung der WM 2034 vor allem das eigene Image aufpolieren möchte und mittels „Sportswashing“ von Problemen und Verfehlungen im Land ablenken möchte. Erst vor zwei Tagen legte ‚The Athletic‘ offen, dass sich das Land für den Gold Cup im kommenden Jahr einkaufen möchte, um auch dort von der alles überdeckenden Strahlkraft des Fußballs zu profitieren.
Schönfärberei der Menschenrechtslage
Die FIFA selbst wiederum bewertete den potenziellen Gastgeber in seinem Evaluationsbericht mit 4,2 von 5 möglichen Punkten. Die menschenrechtlichen Probleme werden dabei als „mäßig riskant“ eingestuft und fallen kaum zu Gewicht. Mittlerweile haben elf Organisationen – darunter Amnesty International, Human Rights Watch, eine saudi-arabische Diaspora-Organisation und auf die Golfregion spezialisierte Menschenrechtsgruppen – erhebliche Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Berichts geäußert.
Steve Cockburn, Leiter der Abteilung Arbeitsrechte und Sport bei Amnesty International: „Die Beobachtungen der FIFA stellen eine erstaunliche Schönfärberei der grausamen Menschenrechtsbilanz des Landes dar. […] Indem die FIFA die eindeutigen Beweise für schwerwiegende Menschenrechtsrisiken ignoriert, trägt sie wahrscheinlich eine große Verantwortung für die Verstöße und Missbräuche, die in den kommenden zehn Jahren stattfinden werden. In Saudi-Arabien sind dringend grundlegende Menschenrechtsreformen erforderlich, sonst wird die Weltmeisterschaft 2034 unweigerlich von Ausbeutung, Diskriminierung und Unterdrückung überschattet werden.“
Erneute Winter-WM droht
Ein weiterer Stein des Anstoßes im FIFA-Bericht ist die Einschätzung, dass die Bewerbung des ölreichen Saudi-Arabien ein „gutes Engagement für Nachhaltigkeit“ gezeigt habe, während die FIFA einräumt, dass die saudische Bewerbung aufgrund des Klimas im Land ein „erhöhtes Risiko“ in Bezug auf den Zeitpunkt darstellt. Dem Vernehmen nach soll das Turnier daher aus dem Sommer in den Januar 2034 verlegt werden, was zu großen terminlichen Schwierigkeiten im Fußball-Weltkalender führen würde.
Trotzdem möchte die FIFA die WM an den Wüstenstaat geben. Um das zu erleichtern, wurde der Abstimmungsmodus verändert. Am Mittwoch wird über die kommenden beiden Turniere entschieden und das en bloc. Das bedeutet, dass die Verbände nicht einzeln votieren können, sondern nur für ja oder nein entscheiden dürfen.
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