Stimmungsloch: War Poldi der Schlüsselspieler?

von Remo Schatz
3 min.
Lukas Podolski war der Schlüsselspieler @Maxppp

Nach der Niederlage gegen Mexiko wurde viel über die falsche Taktik und Aufstellung, die desaströse Laufbereitschaft oder den mangelnden Einsatzwillen diskutiert. Augenscheinlich ist aber auch die Stimmung im Team ein zentrales Problem. Fehlt der Kölsche Feel Good Manager?

Die eingespielte Mannschaft, die sich aus dem Effeff kennt und schon einige Schlachten gemeinsam geschlagen hat, wurde vor der WM als großer Schlüssel zum Erfolg verkauft. Es sei demnach ein Vorteil, dass sich in der WM-Startaufstellung noch acht Weltmeister von 2014 finden. Wie sich zeigte, eine Fehlinterpretation. Möglicherweise blieb der vermeintlich wichtigste Spieler daheim.

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Schon vor vier Jahren hatten nicht wenige kritisiert, dass Jogi Löw weiter auf Lukas Podolski setzt. Der Offensivspieler fuhr damals nach einer eher mittelmäßigen Saison beim FC Arsenal mit nach Brasilien. Vor zwei Jahren stand Poldi bei Galatasaray unter Vertrag und konnte ebenfalls nicht mehr an ruhmreichere Tage anknüpfen. Dennoch war der heute 33-Jährige in Löws Kader gesetzt.

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Die Kölner Stimmungskanone fehlt

Mittlerweile könnte selbst Löw nicht mehr rechtfertigen, den Kapitän von Vissel Kobe für das Endrundenturnier in Russland zu nominieren. Ganz davon abgesehen, dass Podolski seine Nationalmannschaftkarriere ohnehin offiziell beendet hat. Genau so ein Spieler wie die Kölner Stimmungskanone scheint der Nationalmannschaft aber in diesem Jahr abzugehen.

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Von außen betrachtet ist die Stimmung innerhalb des DFB-Tross' zumindest angespannt. Manuel Neuer wollte auf der gestrigen Pressekonferenz nicht leugnen, dass es in der Mannschaftssitzung „geknallt“ hat. Und auch schon vor der Auftaktniederlage hatte man den Eindruck, dass Themen wie das schwache Auftreten im letzten Test gegen Saudi Arabien, die Erdogan-Diskussion oder nicht zuletzt das spartanische WM-Quartier in Watutinki auf die Stimmung gedrückt haben.

In diesem Jahr gibt es keine Bilder von DFB-Profis am Strand unter Palmen im Campo Bahia oder von einem eher unbeholfen und schüchtern wirkenden Kevin Großkreutz in einer brasilianischen Grundschule. Dass auch Jogi Löw mit dem WM-Quartier nicht einverstanden ist, ist ein offenes Geheimnis. Offenbar soll sich der Bundestrainer klar gegen die „Sportschule“ und für Sotschi ausgesprochen haben. Wie die ‚Sport Bild‘ berichtet, sprachen nicht zuletzt finanzielle Mehrkosten dagegen. Für einen Verband, der den WM-Titel verteidigen möchte, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

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„80 Prozent von euch und ich kraulen sich auch mal an den Eiern“

Aber egal wie trist die an graue Planwirtschaftszeiten erinnernde Plattenbausiedlung im Süden von Moskau auch wirkt oder wie viele schmierige AFD-Politiker den Fehltritt von Gündogan und Özil für ihre Zwecke instrumentalisieren und als fehlgeschlagene Integration interpretieren; eine Pressekonferenz mit Poldolski, ein paar lockere Sprüche und die dazugehörigen Lacher hätten gereicht und alles wäre wie weggewischt.

Poldi war vor allem für das Klima innerhalb der Mannschaft von entscheidender Bedeutung. Der 130-fache Nationalspieler hat in erster Linie sich selbst nicht zu ernst genommen, konnte seine in den vergangenen Jahren sportlich kleiner werdende Rolle klaglos akzeptieren, wusste dabei aber sehr genau um seinen riesigen Stellenwert im Team. Eben ein echter Feel Good Manager, der die jungen und nervösen Spieler aus ihrer Anspannung herausholen, aber auch aufgrund seines Standings jeden arrivierten und abgehobenen Star auf den Boden der Tatsachen zurückholen kann.

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Selbst der größte Löw-Kritiker musste in den vergangenen Jahren eingestehen, dass es der Bundestrainer in weltmeisterlicher Manier versteht, eine harmonische Mannschaft zusammenzustellen. Nach dem ersten Spieltag muss man jedoch attestieren, dass bei diesem WM-Aufgebot der Kit, der alles zusammenhält, zu fehlen scheint. Klar ist aber auch, sollte die Mannschaft gegen Schweden den Bock umstoßen und eine überzeugende Leistung auf den Platz bringen, könnte die häufig bemühte Eigendynamik der Turniermannschaft Deutschland einsetzen.

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