Die Zeichen verdichten sich, dass Borussia Dortmund Emre Mor von der Gehaltsliste streichen wird. Der Türke wird sich Inter Mailand anschließen, an das er sich dank verpflichtender Kaufoption dauerhaft binden wird. Ein schnelles Ende mit Schrecken. Aber warum gibt der BVB den Edeltechniker endgültig ab?
Den letztjährigen Transfersommer hat sich Michael Zorc mit Blümchen verziert ins Poesiealbum geklebt. Mit Ousmane Dembélé setzte sich der Manager bei einem der größten Talente weltweit durch, für das der FC Barcelona ein Jahr später einen dreistelligen Millionenbetrag auf den Tisch knallen möchte.
Hinzu kommt Marc Bartra, der sich in Dortmund stabilisiert hat und auch trotz der neuen Konkurrenz von Ömer Toprak gesetzt ist. Ein Glücksfall, vor allem wenn man die Ablöse von acht Millionen Euro bedenkt. Etwas teurer war Emre Mor, für den 9,75 Millionen Euro an den FC Nordsjaelland geflossen sind. Die Bundesliga staunte nicht schlecht, dass der BVB nach Dembélé ein weiteres in Europa hochgehandeltes Talent an Land ziehen konnte. Im Gegensatz zu seinem französischen Kompagnon blieb dem in Dänemark geborene Türken aber der Durchbruch verwehrt.
Dortmund sollte die Hand drauf halten
Mehr noch. Der BVB scheint die Verpflichtung des Superdribblers mittlerweile als Missverständnis zu bewerten und will ihn nach nur einem Jahr loswerden. Als Abnehmer steht Inter Mailand bereit, das sich Mor wohl für zwei Jahre ausleiht und sich für den Anschluss zu einer festen Abnahme verpflichtet. Ein gängiges Modell, um sich die Financial Fairplay-Bluthunde vom Hals zu halten. Aber warum spielt Dortmund da mit?
Es ist schon sehr erstaunlich, wie wenig Geduld der BVB mit dem gerade 20-Jährigen hat. Eigentlich ist dies überhaupt nicht die Art des Echte Liebe-Klubs aus der Ruhrmetropole. Zugegeben, bei seinen bislang 19 Pflichtspielauftritten konnte Mor nicht überzeugen und präsentierte sich oftmals ballverliebt, eigensinnig und wenig mannschaftsdienlich.
Der Junge ist aber 20 Jahre alt und spielt sein erstes Jahr außerhalb der eher unterklassigen dänischen Liga. Natürlich benötigt er eine Eingewöhnungsphase. Bevor ihm diese gewährt wird, wird er an Inter abgeschoben. Wenn er bei den Nerazzurri nun den Durchbruch feiert, wird Zorc einige unangenehme Fragen beantworten müssen, warum er nicht die Hand auf dem Youngster behalten hat.
Zweifel an Mors Charakterstärke
Auf der anderen Seite ist grau alle Theorie. Ein genauer Blick hinter die schwarz-gelben Kulissen ist nicht möglich. Wie FT allerdings bereits während der vergangenen Rückrunde aus profunder Quelle erfuhr, ist man am Rheinlanddamm unzufrieden mit Mors Wesen. Der zwölffache Nationalspieler sei auch außerhalb des Platzes eigensinnig und präsentiere sich wenig integrationsbereit.
Dass Mor mit dieser Art bei Thomas Tuchel aneckte, ist wenig verwunderlich. Wenigstens ein handfester Streit zwischen dem mittlerweile geschassten BVB-Trainer und Mor wurde bekannt, an dessen Ende der Teenager Extra-Schichten mit Athletiktrainer Rainer Schrey schieben musste. „Wenn Tuchel geblieben wäre, hätten wir über eine Ausleihe oder einen Wechsel nachgedacht“, beschrieb Berater Bariz Soofizadeh gegenüber FT das zerrüttete Verhältnis. Die üblichen Probleme, die der ebenfalls nicht einfache Tuchel mit solcher Art Spielern hat – wollte man meinen.
Im Gegensatz zu Nuri Sahin änderte sich an der Bewertung aber auch unter dem neuen Trainer Peter Bosz nichts. Zunächst sollte der Türke verliehen werden, nun stehen alle Zeichen auf dauerhaften Abschied aus Dortmund. Nachdem sich der Niederländer nun rund zwei Monate den Kader angesehen hat, findet auch er keine Verwendung für Mor. Die charakterlichen Schwächen scheinen den Cruyff-Jünger ebenso zu stören.
Die richtige Entscheidung
Bei zwei völlig unterschiedlichen Fußballfachmännern ist der Offensivspieler damit durchgefallen. Eine Ausleihe würde demnach kaum Sinn ergeben. Selbst wenn Mor in der Serie A durchstarten würde, dass er sich auch menschlich um 180 Grad ändern kann, ist zumindest aus Sicht der Personalentscheider in Dortmund offenbar unwahrscheinlich.
Unterm Strich bleibt aber ein unheimlich lukratives Investment stehen. Inter wird in zwei Jahren 15 Millionen Euro an den BVB überweisen müssen. Gemeinsam mit der zu erwartenden Leihgebühr wird die Ablöse wohl 20 Millionen Euro plus X betragen. Zorc kann damit nach nur einem Jahr ein unglaublich hohes Return on Investment bilanzieren. Und darüber hinaus einen in Dortmund durchs Raster gefallenen Spieler abgeben.
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