Kommentar FT-Kurve Bundesliga

Carros Prophezeiung platzt: Der Zerfall eines Meisterteams

Die Euphoriewelle nach dem Gewinn der Meisterschaft konnte Bayer Leverkusen nicht langfristig nutzen. Inzwischen ist bei der Werkself Nüchternheit eingekehrt.

von Dominik Schneider
2 min.
Jonathan Tah (l.), Florian Wirtz (m.) und Xabi Alonso (r.) bedanken sich bei den Fans @Maxppp

Am 14. April 2024 kannte der Jubel in der BayArena keine Grenzen. Das lag nicht am 5:0-Kantersieg über Werder Bremen, sondern am ersten Gewinn der Deutschen Meisterschaft in der Vereinsgeschichte von Bayer Leverkusen. Es war die Krönung einer herausragenden Saison, in der die Mannschaft von Star-Trainer Xabi Alonso ungeschlagen bleiben sollte.

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Wenige Monate später in der Frühphase der Folgesaison konstatierte Fernando Carro im Interview mit dem ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘, dass Bayer 04 inzwischen im Kreis der „erweiterten europäischen Spitze“ angekommen sei. „Da wollen wir uns festbeißen“, so der CEO des Bundesligaklubs. Das Standing der Rheinländer habe nach dem Gewinn des Ligatitels und des DFB-Pokals sowie der Teilnahme am Finale der Europa League (0:3 gegen Atalanta Bergamo) „eine riesige Aufwertung erhalten, national wie international“, führte Carro weiter aus.

Zehn Monate später ist davon allerdings nicht viel übrig geblieben. Schaut man sich den Kader der Leverkusener an, fehlen zahlreiche Namen aus der Meistersaison. Und dabei handelt es sich keinesfalls um unzufriedene Ersatzspieler, sondern um ehemalige Leistungsträger und wichtige Stützen des Meisterteams.

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Einzigartiger Aderlass

Mit Florian Wirtz (22) und Jeremie Frimpong (24) wechselten der Star der Mannschaft und ein wichtiger Flügelspieler für viel Geld zum FC Liverpool. Trainer Xabi Alonso heuerte bei Real Madrid an, Kapitän Jonathan Tah (29) schloss sich ablösefrei ausgerechnet dem FC Bayern an. Und jetzt stehen mit Granit Xhaka (32/AFC Sunderland) und Lukas Hradecky (35/AS Monaco) zwei weitere Eckpfeiler vor einem Transfer.

Darüber hinaus brodelt es in der Gerüchteküche um Piero Hincapié (23), Edmond Tapsoba (26), Alejandro Grimaldo (29), Jonas Hofmann (33) und Amine Adli (25). Geschäftsführer Sport Simon Rolfes hat dementsprechend alle Hände voll zu tun. Zum einen muss er Qualität dazu holen, um die zahlreichen Abgänge zu kompensieren, zum anderen muss er verhindern, dass weitere Profis das sinkende Schiff verlassen.

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Bürde für ten Hag

Eine Situation, die auch für Erik ten Hag nicht leicht ist. Nach einem durchwachsenen Trainingslager in Brasilien, bei dem man unter anderem eine herbe 1:5-Schlappe gegen die U20 von Flamengo kassierte, weiß der neue Trainer noch nicht, wie sein Kader am 1. Spieltag – geschweige denn nach Ende der Transferperiode am 1. September – aussehen wird.

Es zeichnet sich jedoch ab, dass Carros Aussagen schlecht gealtert sind. Vieles deutet darauf hin, dass die Strahlkraft in Leverkusen vor allem durch die Anwesenheit von Alonso und Wirtz bedingt war. Seit dem Abgang des Spaniers und des deutschen Nationalspielers bröckelt die Mannschaft. Doch nicht nur außen, vor allem auch im Kern. Und das tut den Leverkusenern richtig weh.

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Statt eines langfristigen Konkurrenzkampfs mit den Bayern droht in Leverkusen der triste Alltag und ein Rückfall in alte Muster. Die hohen Einnahmen durch Transfererlöse ermöglichen es zumindest, einen Neustart mit Qualitätsspielern einzuleiten. Arbeitet die Transferabteilung um Rolfes wie in den Jahren zuvor erneut herausragend, ist nicht auszuschließen, dass es Bayer auch unter ten Hag gelingt, um Titel zu spielen. Von Europas Spitze ist die Werkself derzeit aber weit entfernt. Das wird sich auch CEO Carro eingestehen.

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