WM in Gefahr: Nagelsmann platzt der Kragen
Die 0:2-Niederlage gegen die Slowakei am Donnerstabend war ein deutscher Offenbarungseid. Der Bundestrainer wird deutlich – und sieht die WM in Gefahr.

„Dominant“ sollte der Auftritt der deutschen Nationalmannschaft in Bratislava werden. Schon in den ersten Minuten war allerdings zu sehen, dass die DFB-Elf von den cleveren Gastgebern beeindruckt waren. Die Unsicherheit übertrug sich auf den überforderten Nnamdi Collins (21), allerdings auch auf alle anderen Defensiv-Akteure. Offensiv blieben die hochgelobten wie teuren Sommertransfers Florian Wirtz (22) und Nick Woltemade (23) blass. Alle Teilbereiche agierten mangelhaft, das Ergebnis spiegelte die Blamage nur im Mindestmaß wider.
„Es sollte bei jedem ankommen, dass wir so nicht zur WM fahren“, platzte nach der Partie dem konsternierter Bundestrainer Julian Nagelsmann am ‚ARD‘-Mikrofon der Kragen. Kapitän Joshua Kimmich (30), der dem Spiel auch keine Impulse geben konnte, schlug in die gleiche Kerbe: „Wir haben vor dem Spiel davon gesprochen, die Weltmeisterschaft zu gewinnen, aber zuerst müssen wir uns qualifizieren. Wenn wir so spielen wie heute, wird es nicht einfach.“
Und wieder die Mentalitätsfrage
Spätestens nach dem zum Teil lustlos wirkenden Auftritt gegen die Slowakei schrillen die Alarmglocken. Die vergangenen drei Spiele gingen allesamt in die Hose, ein wirkliches Konzept ist nur schwer erkennbar. Das größte Problem aber ist die Einstellung: „Nach einer Minute gibt es nach einer Ecke die erste Torchance. Da brauchen wir auch nicht über System oder Taktik sprechen, das ist einzig und allein eine Einstellungssache – und das war auch schon in den letzten Spielen unser Problem“, stellt Kimmich klar.
Auch der Bundestrainer sah als Hauptgrund für das schwache Auftreten seiner Mannschaft die in Deutschland viel diskutierte Mentalität: „Wir sind nicht in der Lage, dass wir hierherkommen können und alles mit 80 Prozent wegspielen, das geht nicht. Wenn wir die Emotionalität nicht hinbringen, können wir das Buch zu machen – fußballerische Qualität spielt da keine Rolle.“
Nagelsmann droht und vertraut
Die Gretchenfrage ist jetzt, wie die DFB-Auswahl mit diesem herben Dämpfer umgeht, immerhin steht am Sonntag in Köln (20:45 Uhr) schon das nächste immens wichtige Spiel gegen Nordirland an. Bei einer Niederlage steht sogar die WM-Teilnahme schon früh auf der Kippe.
Nagelsmann verliert nicht die Nerven, er setzt seine Spieler aber unter Druck. „Vielleicht müssen wir dann auch auf weniger Qualität setzen, sondern auf Spieler, die alles reinwerfen.“ Bei aller Emotionalität spricht der 38-Jährige seinem aktuellen Kader aber auch – noch – das Vertrauen aus. „Wir müssen so ein Spiel angehen wie ein Champions League-Halbfinale. Sonst spielen wir im März Playoffs. Ich habe Vertrauen in die Mannschaft, aber es muss bei jedem ankommen, dass es mit angezogener Handbremse nicht reicht.“ Am Sonntag wird sich zeigen, wer dem Bundestrainer zugehört hat.
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