WM-Spezial – die Teams im FT-Check: Elfenbeinküste

von Lukas Heimbach
7 min.
Elfenbeinküste @Maxppp

Gespickt mit Stars – besonders in der Offensive – hofft die Elfenbeinküste inbrünstig, sich erstmals in der Historie für die K.O.-Phase einer WM-Endrunde qualifizieren zu können. In Gruppe C haben Kapitän Drogba und seine Elefanten durchaus realistische Chancen dieses Ziel zu erreichen. Vor allem die Goldene Generation will sich endlich in den Geschichtsbüchern verewigen.

Der 7. Februar 1999 wird dem Fußballverband der Elfenbeinküste, vermutlich dem ganzen fußballbegeisterten Kontinent, noch lange in Erinnerung bleiben. Damals, bei Temperaturen um den Siedepunkt, wurde an einem Nachmittag in der ehemaligen Hauptstadt Abidjan ein modernes afrikanisches Fußballmärchen geschrieben.

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Afrikanischer Supercup. Im Stade Félix Houphouët-Boigny ist der haushohe Favorit Espérance Sportive de Tunis zu Gast beim ivorischen Meister ASEC Mimosas. Allerdings trat das Team aus Abidjan nicht mit der Elf an, die sich zuvor für das Finale qualifiziert hatte, sondern mit Spielern aus seiner 1993 gegründeten und heute berühmten Fußballakademie Sol Béni. „Es ist eine Schande, dass wir gegen Kinder spielen müssen“, schimpfte Tunis-Präsident Slim Chiboub vor der Partie. Auch die eigenen Fans ließen ihrem Unmut über die Entscheidung des Klubs freien Lauf. Tatsächlich liefen für ASEC ausschließlich Teenager auf, die maximal 18 Jahre alt waren.

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Geburtsstunde der Goldenen Generation

Einige Stunden später staunten alle Anwesenden nicht schlecht. Der tunesische Top-Klub erlebte eine Lehrstunde des modernen, schnellen Kombinationsspiels. ASEC Mimosas schlug Espérance nahezu spielend einfach mit 3:1. Die damaligen Hauptprotagonisten waren etwa ein gewisses Brüderpaar Namens Kolo und Yaya Touré, Aruna Dindane, Salomon Kalou, Didier Zokora oder auch Emmanuel Eboué.

Eben diese ‚Goldene Generation‘ sollte fortan den Fußball des ivorischen Fußballverbands ganz signifikant prägen. 15 Jahre später sind es noch immer diese Jungs, die das Gesicht der ‚Elefanten‘ darstellen. Einzige Ausnahme ist Kapitän Didier Drogba, der im Alter von fünf Jahren zu seinem Onkel Michel Goba, ehemaliger Fußballprofi, nach Frankreich zog. Mit acht Jahren startete der heutige Superstar seine Karriere beim USL Dunkerque, bevor er 1999 seinen ersten Profivertrag bei UC Le Mans unterschrieb.

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Mit mehr Erfahrung ins Achtelfinale

Mittlerweile hat die Elfenbeinküste eine Vielzahl an Stars, die in Europas Top-Ligen für Furore sorgen, den Durchbruch geschafft. Spieler wie Wilfried Bony, Gervinho, Seydou Doumbia oder Serge Aurier sind seitdem nachgerückt und die Elfenbeinküste hat zumindest auf dem Papier einen der stärksten Kader des Kontinents. Von der Offensivkraft her vermutlich sogar einen der stärksten der Welt. Dennoch hat es bei großen Turnieren nicht für einen wirklich achtbaren Erfolg gereicht.

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So konnte die ‚Goldene Generation‘ für die stolzen ‚Elefanten‘ noch keinen einzigen Titel einfahren. Afrikameister wurde man erst einmal – 1992. 2006 und 2010 scheiterte die Elfenbeinküste bei den bisher einzigen WM-Teilnahmen bereits in der Hinrunde, war jeweils aber auch in Hammer-Gruppen gelost worden. Dieses Jahr rechnet man sich endlich mehr aus. In einer Gruppe mit Geheimfavorit Kolumbien, Griechenland und den unberechenbaren, technisch versierten Japanern, scheint fast alles offen.

Allerdings ist die Generation um die Touré-Brüder mittlerweile in die Jahre gekommen, verfügt gleichzeitig aber über mehr Erfahrung, Ruhe und Disziplin. Der jugendliche Leichtsinn und die Naivität, die den Ivorern in der Vergangenheit – womöglich auch resultierend aus einem gewissen Maß an Selbstüberschätzung – oftmals zum Verhängnis wurden, könnten 2014 passé sein. Die Leader der ‚Elefanten‘, Drogba und Yaya Touré, können die Mannschaft von Trainer Lamouchi führen und mitreißen.

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Stärken in der Offensive

In der afrikanischen CAF-Qualifikation setzte man sich ohne Niederlage gegen Marokko, Tansania und Gambia durch. Im Qualifikationsspiel schlug man den Senegal zunächst zu Hause mit 3:1. Drogba eröffnete den Torreigen per Elfmeter, ein Eigentor von Lamine Sané sorgte für das 2:0, ehe Salomon Kalou auf 3:0 erhöhte. Der Ex-Freiburger Papiss Demba Cissé ließ bei den Senegalesen in der 95. Minute noch einmal Hoffnung für das Rückspiel aufkeimen. Ein 1:1 im Senegal reichte den Ivorern jedoch, um das Ticket für Brasilien buchen zu können. Moussa Sow traf für die Gastgeber, wiederum Kalou glich in der 93. Minute aus.

Wie es schon fast traditionell bei afrikanischen Teams üblich ist, besitzen die Ivorer ihre Stärken insbesondere in der Offensive. Hier hat Trainer Sabri Lamouchi ein Überangebot an patenten Stars. Allerdings fehlte bislang die defensive Stabilität sowie absolute Disziplin, trotz Spielern, die ausnahmslos bei europäischen Klubs spielen.

Entsprechend der Vielzahl an Offensiv-Möglichkeiten lässt der französische Übungsleiter bevorzugt im 4-3-3 spielen. Im Mittelfeld findet eine defensive 2-1-Staffelung statt, mit Yaya Touré als Chef-Stratege im offensiven Part. Die Außenstürmer Gervinho und voraussichtlich Kalou oder Doumbia kleben meist nicht auf ihrem Flügel, sondern rotieren beidseitig und ziehen immer wieder invers in die Mitte, um auf den Flügeln Platz für die nachrückenden, schnellen Außenverteidiger Aurier und Arthur Boka zu machen.

Aussicht

In Gruppe C scheint von der Ausgangslage her alles offen. Das stark besetzte Kolumbien dürfte leicht favorisiert sein, hat Gruppenplatz eins aber keineswegs sicher. Dennoch werden die Ivorer sich vor allem mit Japan messen müssen. Die Japaner leben von ihrer Disziplin und feinen Technik und sind ebenfalls für eine Überraschung gut. Gleich zu Beginn bekommen die ‚Elefanten‘ es mit dem amtierenden Asienmeister zu tun. Von diesem Spiel wird vieles abhängen. Der Sieger hat beste Aussichten auf das Achtelfinale, denn mit den fußballerisch destruktiv auftretenden Griechen dürfte nur bedingt zu rechnen sein.

Die Stars

Didier Drogba (36/Galatasaray Istanbul): Mit 36 Jahren ist die WM in Brasilien voraussichtlich die letzte Endrunde die der größte Spieler der ivorischen Geschichte spielen wird. Als Kapitän und emotionaler Leader ist er trotz seines fortgeschrittenen Alters aber noch immer die zentrale Figur im Kader von Trainer Lamouchi. Drogba ist das Aushängeschild der ‚Elefanten‘ und wie Samuel Eto’o Botschafter und Hoffnungsträger für einen ganzen Kontinent. ‚Le Cheval‘ (‚Das Pferd‘), wie der wuchtige Mittelstürmer genannt wird, will sein Nationalteam als letzte Tat auf der Weltbühne des Fußballs endlich in die K.O.-Phase führen. „Wenn ich mir einen Menschen aussuchen müsste, mit dem ich in den Krieg ziehe, dann wäre es Didier Drogba“, ehrte den heute 36-Jährigen einst sein ehemaliger Coach José Mourinho. Auch wenn Krieg sicherlich das letzte ist, was Drogba hören will – mit den ‚Elefanten‘ wird er in Brasilien in seine letzte große Schlacht ziehen.

Yaya Touré (31/Manchester City): Der Dirigent im Mittelfeld ist in der Form seines Lebens. Im Starensemble des frisch gebackenen englischen Meisters Manchester City war Touré der herausragende Akteur. 20 Tore und neun Vorlagen gelangen dem zentralen Mittelfeldspieler für die ‚Citizens‘. Auch im Spiel der Ivorer kommt dem schlaksigen Strategen eine zentrale Rolle zu. Der 31-Jährige ist für die Verbindung zwischen dem tief stehenden Drei-Mann-Mittelfeld und dem Angriff vernatwortlich. Touré unterstützt die Flügelstürmer und stößt immer wieder vertikal in die Spitze vor, wo er nicht zuletzt dank seiner brandgefährlichen Distanzschüsse für Gefahr sorgt.

Gervinho (26/AS Rom): ‚Eigentümliche Frisur‘ werden diverse Fußballfans wieder einmal denken, sehen sie den rasant schnellen Flügelstürmer in Brasilien über den Bildschirm wirbeln. So merkwürdig seine Haarpracht auch auf den ein oder anderen Zuschauer wirken mag, Fußball spielen kann Gervinho. Nach einer eher durchwachsenen Zeit beim FC Arsenal wechselte der 26-Jährige zu Saisonbeginn zur AS Rom, wo er an seine alte Form beim OSC Lille anknüpfen und sich weiterentwickeln konnte. Neun Tore und zwölf Vorlagen steuerte der Außenstürmer zur erfolgreichen Saison der ‚Giallorossi‘ bei. Bei den ‚Elefanten‘ fungiert er vor allem als Zulieferer für seinen Kapitän, glänzt aber auch immer wieder als Torschütze.

So könnten sie spielen

Elfenbeinküste

Das vorläufige Aufgebot

Tor: Boubacar Barry (SC Lokeren), Sayouba Mandé (IF Stabaek), Sylvain Gbohouo (Séwé San Pedro), Ali Badra Sangaré (ASEC Mimosas)

Abwehr: Kolo Touré (FC Liverpool), Arthur Boka (VfB Stuttgart), Jean-Daniel Akpa Akpro (FC Toulouse), Serge Aurier (FC Toulouse), Ousmane Viera Diarrassouba (Rizespor), Didier Zokora (Trabzonspor), Constant Djakpa (Eintracht Frankfurt), Brice Dja Djédjé (Olympique Marseille), Benjamin Angoua Brou (FC Valenciennes), Bamba Souleymane (Trabzonspor)

Mittelfeld: Ismael Diomandé (AS Saint-Etienne), Yaya Touré (Manchester City), Romaric N'Dri Koffi (SEC Bastia), Ismael Cheick Tioté (Newcastle United), Geoffroy Serey Dié (FC Basel)

Angriff: Didier Drogba (Galatasaray Istanbul), Didier Ya Konan (Hannover 96), Gervinho (AS Rom), Salomon Kalou (OSC Lille), Wilfried Bony (FC Swansea), Max Gradel (AS Saint-Etienne), Giovanni Sio (FC Basel), Mathis Bolly (Fortuna Düsseldorf), Seydou Doumbia (ZSKA Moskau), Lacina Traoré (FC Everton)




*Gruppe A:

Gruppe B:

Gruppe C:

Gruppe D:

Gruppe E:

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