Das Winter-Transferfenster soll bei Borussia Dortmund für den großen Turnaround in einer bisher mehr als enttäuschenden Saison sorgen. Große Namen wurden gehandelt, überraschende Wechsel eingetütet und eine Lücke bleibt unbesetzt – FT zieht Bilanz.

Die Saison von Borussia Dortmund ist bisher ein einziges Fiasko und wird vor allem durch ständiges Führungschaos und eine sportliche Talfahrt bestimmt, die den BVB aktuell bis auf Platz elf geführt hat. Nach einem Trainerwechsel, der – gelinde gesagt – nicht sehr positiv aufgenommen wurde, richteten sich die Hoffnungen der Fans vor allem auf das Winter-Transferfenster. Die Schwarz-Gelben verfügten kurz vor Wechselschluss unter anderem dank des Verkaufs von Donyell Malen (25) über eine gut gefüllte Kriegskasse. Am Ende der Shoppingtour stehen vier Zugänge zu Buche – doch nicht alle Hoffnungen haben sich erfüllt.
Vor wenigen Wochen hatten die BVB-Bosse intern drei klare Schwachstellen im Kader benannt, die es zu beheben galt: Die linke Abwehrseite, die Sechs und die Acht. Nüchtern betrachtet wurde der Job in den vergangenen Tagen erfüllt.
Der neue Coach Niko Kovac, der den glück- und bisweilen arg farblosen Nuri Sahin ersetzte und seit Sonntag auch offiziell im Amt ist, darf mit Linksverteidiger Daniel Svensson (22/vom FC Nordsjaelland) und dem zentralen Mittelfeldspieler Carney Chukwuemeka (21/vom FC Chelsea) zwei Leihspieler in Brackel in Empfang nehmen.
Ein Rückkehrer und ein Überraschungstransfer
Für beide sicherte sich der BVB eine Kaufoption, im Falle des Schweden Svensson könnte sich diese im Laufe der Rückrunde sogar in eine Kaufpflicht umwandeln. Zudem riefen die Schwarz-Gelben Salih Özcan (27) von seiner Leihe zum VfL Wolfsburg zurück, der für mehr Kadertiefe im defensiven Mittelfeld sorgen soll.
Die Rückholaktion des türkischen Nationalspielers sorgte für wenig Verständnis, ist für den Klub allerdings risikoarm und kostengünstig. Außerdem wurde mit Diant Ramaj (23) ein Überraschungstransfer für die Zukunft eingetütet. Der Keeper unterschrieb in Dortmund einen Vertrag bis 2029 und wird in der restlichen Rückrunde an den FC Kopenhagen verliehen.
Der ehemalige deutsche U20-Nationalkeeper gilt als Vorgriff für den bevorstehenden Abgang von Stammtorhüter Gregor Kobel (27), den es dem Vernehmen nach ins Ausland ziehen könnte und der bereits für den Sommer als Wechselkandidat gilt. Der FC Chelsea soll bereit sein, 70 Millionen Euro für den Schweizer Nationalkeeper auf den Tisch zu legen. Sollte der BVB die Champions League-Ränge in dieser Spielzeit verpassen, ist Kobel wohl nicht zu halten.
Champions League-Quali essenziell
Ein Top4-Finish ist für Dortmund nicht nur daher in dieser Spielzeit eigentlich unerlässlich. Ein Umweg in die Königsklasse über Platz fünf ist in diesem Jahr aufgrund des schlechten UEFA-Koeffizienten der Bundesliga nicht möglich, eine Qualifikation über einen Finalerfolg auch eher nicht wahrscheinlich. Helfen sollten daher starke Winterneuzugänge. Während Svensson und Chukwuemeka als echte Verstärkungen zu sehen sind, gilt dies für Özcan nur bedingt.
Dabei wurden noch andere große Namen gehandelt, weitere Wechsel kamen jedoch nicht zustande. Unter anderem wurden Kevin Schade (23/FC Brentford), Oleksandr Zinchenko (28/FC Arsenal), Rayan Cherki (21/Olympique Lyon), Marcus Rashford (27/aktuell Aston Villa) und Renato Veiga (21/aktuell Juventus Turin) mit Dortmund in Verbindung gebracht, mit allen fanden Gespräche statt.
Auch dabei gab der BVB in der öffentlichen Wahrnehmung keine gute Figur ab. Unklar ist, welchen Einfluss der seit Monaten tobende Clinch zwischen Sportdirektor Kehl und Kaderplaner Sven Mislintat dabei hatte. Immerhin äußerte sich Lyons streitlustiger Boss John Textor über die Verhandlungen mit dem Bundesligisten über Cherki ziemlich brüskiert: „Das Angebot aus Dortmund wurde respektlos kommuniziert, lag weit unter dem Marktwert und war zeitlich schlecht gewählt. Rayan Cherki wird bis zum Ende der Saison 2024/25 ein wichtiger Bestandteil unserer Mannschaft bleiben.“
Gescheiterter Cherki-Deal als Chance
Der Transfer des französischen U21-Nationalspielers war eigentlich weit fortgeschritten, scheiterte jedoch am Veto von Textor. Somit blieb auch der Kaderplatz von Malen letztlich unbesetzt. Der Niederländer konnte sich zwar in seinen dreieinhalb Jahren im Klub nie nachhaltig in der Stammelf festspielen, steuerte aber in 132 Pflichtspielen für die Schwarz-Gelben starke 59 Scorerpunkte bei. Diese könnten nun fehlen.
Andererseits ist noch nicht klar, auf welches System der neue Coach setzen wird. Die bevorzugte Formation von Kovac ist zwar das 4-2-3-1 mit drei offensiven Mittelfeldspielern, in seiner erfolgreichen Frankfurter Zeit und auch bei seiner vorherigen Station beim VfL Wolfsburg ließ der 53-Jährige allerdings des Öfteren mit Doppelspitze im 3-5-2 oder 4-3-1-2 agieren. Hier würde sich beim BVB eine Paarung aus Serhou Guirassy (28) und Maximilian Beier (22) anbieten, sodass der Abgang von Malen nicht so sehr ins Gewicht fallen könnte.
Generell orientiert sich Kovac an der Spielweise von Atlético Madrid unter Diego Simeone und legt Wert auf eine stabile Defensive, intensive Arbeit gegen den Ball und wenig offensive Vorgaben. Die Angreifer in einem Kovac-System besitzen viele Freiheiten. Ein solches wäre wie gemacht für Beier, der seit dem Wechsel im Sommer seinen Platz in Dortmund noch nicht gefunden hat. So könnte der fehlende Neuzugang den Klub eher unfreiwillig zu seinem Glück zwingen.
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